Vortrag von Sally Perel – dem „Hitlerjungen Salomon“

07.03.2016 Dieser Einladung sind sie sehr gerne gefolgt: Fünfzig Oberstufenschüler hatten jetzt die Gelegenheit, einen der letzten Überlebenden des Holocaust, Salomon Perel, zu erleben. Eingeladen zu dieser Veranstaltung hatte die benachbarte Deutsche Hochschule der Polizei.
Sehr anschaulich und berührend schilderte der mittlerweile neunzigjährige Perel Situationen seiner außergewöhnlichen Lebensgeschichte, die ihn als fünfzehnjährigen Jungen zum Mitglied der Hitlerjugend werden ließ. Seine permanente Angst vor Entdeckung ließ der fesselnde Erzähler seine gebannt lauschenden Zuhörer ebenso miterleben wie seine paradoxe Erfahrung, dass er, obwohl Jude, sich als Jugendlicher durchaus mit der Ideologie der Nationalsozialisten identifizierte und begeistert mitmachte. Diesen Zwiespalt in seiner Persönlichkeit spüre er – nach all den Jahren – noch immer, so Perel vor den dreihundert geladenen Gästen in der Stadthalle Hiltrup.
Perel erläuterte seine Gewissensnöte, in die er als Sohn eines frommen Rabbiners geriet, als er per Zufall die geradezu irreale Chance erhielt, sich seiner Papiere zu entledigen und sich unter dem Namen Josef eine neue Identität zuzulegen. Zwischen dem moralischen Anspruch, offen zu seiner Herkunft und seiner Religion zu stehen, und dem puren Überlebenswillen entschied er sich gegen den Märtyrertod und überlebte als einer von wenigen den Holocaust. Sein Überleben hat er zeit seines Lebens als Verpflichtung angesehen, politische Gräueltaten zu bekämpfen. So engagierte er sich viele Jahre lang in der israelischen Friedensbewegung, bevor er sich im fortgeschrittenen Alter zu seiner NS-Jugend bekannte und begann, als Zeitzeuge auf vielen Lesereisen gegen die Verleugnung des Holocaust seine Stimme zu erheben.
Sally Perel zog durch seine lebhaften Schilderungen und seine engagierten Appelle sein Publikum in den Bann. Aber auch wenn die tragische Seite seines Lebens viel Nachdenklichkeit hinterließ, wurden nicht nur traurige Töne angeschlagen. Auf die Nachfrage, wie seine jugendlichen Freunde, mit denen er sich heute noch gelegentlich trifft, reagiert hätten, als sie von seiner Abstammung erfahren hätten, enthüllt der Gentleman interessante Details über seine erste große Liebe zu einem BdM-Mädel. Diese Dame, so teilte er seinen schmunzelnden Zuschauern mit einem vertraulichen Zwinkern mit, treffe er noch ab und an und sie sei mittlerweile „eine sehr hübsche Oma“ geworden.

Mechthild Theilmeier-Wahner