14.08.2024 – Münster (pbm/acl). Eigentlich war Stephan Orth froh, mit dem Abitur die Schule hinter sich lassen zu können. Leistungsdruck, Bewertungen, Diskussionen mit Lehrkräften. Zehn Jahre später, während seiner Ausbildung zum Pastoralreferenten, macht er Erfahrungen, die sein Bild von Schule verändern – und seinen beruflichen Weg prägen. Mit Beginn des neuen Schuljahres wird der 31-Jährige Schulseelsorger am Kardinal-von-Galen-Gymnasium (KvG) in Münster-Hiltrup. Darüber hinaus kümmert er sich um die Vernetzung der Schulseelsorge im Pastoralen Raum Münster Ost.
„Schule ist mehr als ein Leistungssystem, sie ist ein Lebensort für Kinder und Jugendliche, für Lehrkräfte und Eltern“, ist Orth überzeugt. Als Seelsorger möchte er für ebendiese Menschen da sein, besonders die Schülerinnen und Schülern begleiten und ihnen das ermöglichen, was der gebürtige Nettetaler, der ebenfalls ein kirchliches Gymnasium besucht hat, selbst in seiner Jugend erfahren durfte: „Den eigenen Weg und die eigene Suche nach Antworten auf die großen Fragen des Lebens in Freiheit gehen zu dürfen und damit nicht alleine zu sein, sondern Menschen um sich zu haben, die einen annehmen, wie man ist, ohne zu bewerten.“
Dabei hatte Orth, der sich in seiner Jugend als Messdiener und Gruppenleiter engagiert hat, das Berufsbild des Pastoralreferenten lange Zeit nicht auf dem Schirm. Weil ihn aber die Frage nach Gott nicht losließ und auch der Gedanke, Priester zu werden, immer wieder auftauchte, entschied er sich nach dem Abitur für das Theologiestudium in Münster. Während der Studienzeit engagierte er sich in der damaligen Jugendkirche „effata[!]“: „Dort habe ich gemerkt: Kirche kann auch ganz anders sein. Das hat mich als junger Mensch gehalten“, blickt Orth zurück.
Die zwei Jahre, in denen der Theologe nach Abschluss seines Studiums als pastoraler Mitarbeiter in der Pfarrei St. Lamberti in Münster tätig sein konnte, festigten schließlich seinen Berufswunsch: „Ich habe Erfahrungen mit Menschen in Trauersituationen gemacht, eine syrische Flüchtlingsfamilie begleitet und Ehrenamtliche bei Projekten unterstützt und dabei gemerkt: „Menschen begleiten, das ist genau das, was ich machen möchte.“ 2021 begann er seine Ausbildung zum Pastoralreferenten im Institut für Diakonat und pastorale Dienste im Bistum Münster (IDP).
Praktische Erfahrungen sammelte Orth in den Pfarreien St. Dionysius in Duisburg-Walsum und St. Antonius in Herten. „Das Ruhrgebiet unterscheidet sich in vielen Punkten vom Münsterland“, ist der 31-Jährige dankbar für die Einblicke. Geprägt habe ihn unter anderem die Mitarbeit im Petershof in Marxloh, einem Sozialpastoralen Zentrum der Kirche, in dem Menschen in Not eine warme Mahlzeit, eine medizinische Anlaufstelle, eine Waschmöglichkeit und mehr bekommen. „Von meiner Zeit im Petershof habe ich mitgenommen, dass Kirche ohne konkrete und spürbare Nächstenliebe nicht funktionieren kann“, erklärt Orth und fügt hinzu: „Eine Kirche, die sich nur um sich selbst dreht, ist tot.“
Verändert haben den damaligen Pastoralassistenten auch seine Einsätze im Religionsunterricht, die während des ersten Ausbildungsjahres vorgesehen sind und dazu befähigen, katholischen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. „Als Mensch, der ‚von der Kirche kommt‘, bist Du nie nur Lehrer, sondern immer auch Ansprechpartner“, machte Orth schnell genau diese Erfahrung. Ihn erfüllten vor allem die Gespräche mit den Schülern. „Mit jungen Menschen zu diskutieren, wie sie über die Kirche denken, über den Glauben und über Gott oder eine andere größere Kraft, macht mir sehr viel Freude“, betont Orth und hebt die Vorzüge des Religionsunterrichtes hervor: „Es ist nicht nur Religionswissenschaft, sondern immer auch Bekenntnisunterricht, bei dem nicht nur abstrakt über Religion gesprochen wird, sondern jeder Mensch, ob Schüler oder Lehrkraft, so sein darf, wie er ist, wo existenzielle Fragen und Emotionen einen Platz haben dürfen.“
Umso größer war Orths Freude, als das Bistum Münster ihm die Stelle als Schulseelsorger im KvG-Gymnasium und in der Pfarrei St. Clemens anbot. Schulgottesdienste feiern, Projekte entwickeln, Fahrten begleiten, als Gesprächspartner zur Verfügung stehen – der Pastoralreferent möchte dazu beitragen, dass die Schule ein lebensfreundlicher Ort für Kinder und Jugendliche sowie Lehrkräfte ist. „Ich finde es wichtig, dass wir als Kirche an den Orten präsent sind, an denen das Leben stattfindet – und die Schule ist ein solcher Ort“, ist Orth überzeugt. Im Blick hat er dabei auch Schüler, deren Familien auf Unterstützung angewiesen sind. „Mir ist es wichtig, eine Kultur zu fördern, in der es keine Rolle spielt, wo man herkommt oder wie viel Geld man hat“, beschreibt Orth und sieht diese Haltung besonders im Profil einer christlichen Schule verankert. „Hier bleibe ich im besten Sinn christlich-politisch – wenn auch nicht parteipolitisch“, sagt Orth, der lange gesellschaftlich und politisch in Münster engagiert war.
Vorfreude herrscht auch mit Blick auf seine Tätigkeit in der Pfarrei. Genaue Aufgaben stehen noch nicht fest, vorstellen kann sich Orth besonders eine Mitarbeit in der Jugendarbeit und im Verkündigungsdienst. „Verkündigung ist immer auch eine Haltung, wie ich anderen Menschen begegne“, macht der Pastoralreferent, der seit vielen Jahren regelmäßig die Morgenandachten im WDR spricht und leidenschaftlich gern predigt, deutlich und freut sich auf die vielfältigen Begegnungen mit den Haupt- und Ehrenamtlichen in der Pfarrei.
Stephan Orth wird am Sonntag, 29. September, um 14.30 Uhr mit elf weiteren Pastoralreferentinnen und -referenten im St.-Paulus-Dom in Münster von Weihbischof Dr. Stefan Zekorn offiziell für seinen Dienst beauftragt. Der Gottesdienst wird live im Internet auf www.bistum-muenster.de sowie auf dem Facebook- und Youtube-Kanal des Bistums übertragen.
Foto und Text: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann