22
Im Rockmusical „Jesus Christ Superstar” ist Maria die Frau, die Jesus am nächsten steht und ihn mehr als alle anderen begehrt. „I don´t know how to love him“ ist das Liebeslied einer Frau, die Jesus als den Mann ihrer Sehnsucht letztlich nicht erobern kann. Die biblische Maria von Magdala gibt den Stoff für ein solches Liebesdrama nicht wirklich her. In der christlichen Erzähltradition verschmilzt Maria von Magdala aber mit der Gestalt der stadtbekannten Prostituierten, die Jesus die Füße mit teurerstem Öl salbt: Maria Magdalena. Sie ist die geläuterte Sünderin, die Jesus bis unter das Kreuz nachfolgt und die erste Zeugin seiner Auferstehung wird.
Gab es eine Frau in Jesu Leben? Hat er begehrt und geliebt? Hatte er je Liebeskummer? Die Bibel gibt keine Antwort darauf. Aber an der Gestalt der Maria Magdalena sind diese menschlichen Fragen festgemacht worden und haben Literaten aller Jahrhunderte inspiriert.
Die zärtlichste und schönste Geschichte zwischen Jesus und Maria Magdalena spielt nach seinem Tod (Joh 20,11-18). Die trauernde Maria steht fassungslos vor dem leeren Grab Jesu. Ein Mann, den sie für den Gärtner hält, spricht sie an und fragt, warum sie weint und wen sie sucht. Sie antwortet, dass sie den Leichnam Jesu suche und ob er wisse, wo dieser hingelegt worden sei. Der Mann aber sagt nur ein Wort - ihren Namen: Maria. Da erkennt sie, dass es Jesus selbst ist. Er, der am Kreuz getötet wurde, lebt. Maria Magdalena wird zur ersten Zeugin des Auferstandenen und sagt die frohe Botschaft weiter. Wenn man so will: die Geburtstunde der Kirche.
Der Angelpunkt, der entscheidene Wendepunkt dieser österlichen Begegnungsgeschichte ist, dass Jesus Maria beim Namen nennt. Man kann sich gut vorstellen, dass Jesus ihren Namen ganz behutsam, eher leise und zärtlich ausspricht, so wie Liebende den Namen des anderen klingen lassen.
Wer spricht mich mit meinem Namen an? Wie ist das, wenn dieser Name freundlich und liebevoll ausgesprochen wird?
„Der Herr spricht: Ich habe dich bei deinem Namen grufen. Du bist mein.“ (Jes 43,1)
Zurück Home Weiter