Herrlich adrett und wunderbar lasziv
„Piranhas“ überzeugten im KvG
Wer kennt sie nicht, die mitreißenden Evergreens aus der Operette „Glückliche
Reise“ von Eduard Künneke? Der Song „Am Amazonas“ hatte bereits
nach der Uraufführung im Jahr 1931 Kultstatus, das Liebeslied „Liebe kennt
keine Grenzen“ haben die meisten auch heute noch als streicherorientierte
Partitur im Ohr. Dass jedoch auch eine „entschlackte“ Instrumentierung
der Operette durchaus ihren Reiz hat, bewies am Freitagabend das Musiktheater
„Piranhas“, das in der Aula des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums eine
Kostprobe seines Könnens gab.
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Das Musiktheater Piranha wurde 1998 unter anderem von Johannes Dolezich,
Musiklehrer am KvG, ins Leben gerufen und hat sich zum Ziel gesetzt, die
Operette als eine verkannte Musikgattung wieder zu entdecken und neu zu
beleben. Die Partitur für großes Orchester und Chor wurde daher durch
ein Arrangement für Jazzquartett und sieben Darsteller entschlackt. Sie
bietet eine mitreißende Folge aus Jazz, Rockmusik, Chanson und klassischer
Operette, immer auf die Bühne gebracht mit dem gewissen Augenzwinkern. |
Johannes Dolezich, Musikpädagoge am KvG und musikalischer Leiter des Ensembles,
hatte die Partitur für Jazz-Quartett (Klarinette, Saxofon, Klavier, Bass und
Schlagzeug) umgeschrieben. Unter der Regie von Bart Hogenboom nahm das Ensemble
seine Zuschauer mit auf eine musikalische Reise voller peppiger One- und Two-Step-Rhythmen,
Blues-Songs, Tangos und Foxtrotts, gespickt mit komödiantischen Einfällen der
Schauspieler.
Die Handlung ist schnell erzählt: Die beiden Freunde Robert von Hartenau und Stefan Schwarzenberg (Michael Christenhuß und Kai U. Homann) sind gelangweilt von ihrem Aussteiger-Dasein in Brasilien und reisen
zurück nach Berlin. Sie wollen ihre langjährigen Brieffreundinnen Lona Vonderhoff (herrlich adrett: Susanne Drerup-Christenhuß) und Monika Brink (wunderbar lasziv: Kirsten Sicking) einmal in natura kennen -
und vielleicht auch lieben - lernen. Natürlich entstehen einige Verwicklungen, doch am Ende geht die „Glückliche Reise“ der vereinten Paare zurück an den Amazonas.
Die mitreißende Mischung aus klassischer Operette, Musical und Jazzmusik überzeugte nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Couleurs der Stimmen: Während Kirsten Sicking - die vor zwei Jahren am KvG
ihr zweites Staatsexamen als Musikpädagogin absolvierte - mit ihrer ausgebildeten Opemstimme bestach, peppte Kai U. Homann die musikalische Reise mit rockigen Tönen auf. Withold Grohs am Saxofon, Klaus
Gunnemann am Schlagzeug, Michael Soll am Bass und Johannes Dolezich am Piano begleiteten die Schauspieler routiniert und gekonnt und bewiesen in vereinzelten Szenen auch ihr mimisches Talent.
Mit der Gratis-Aufführung bedankte sich die Akteure des Musiktheaters „Piranhas“ bei der Schule dafür, dass sie den Musikern Proberäume zur Verfügung gestellt hatte. Spenden, die im Anschluss
an die Vorführung im Gymnasium gesammelt wurden, kommen den
Hiltruper
Missionsschwestern zugute, die in Lima ein Kinderheim unterhalten.
Kerstin Himmelmann, Westfälische Nachrichten 21. 05. 2001