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Obertertia [Klasse 9]a mit P. Tönies 1973 |
A wie Anfang. Da saß man nun am ersten Schultag
in Sexta a, umringt von mehr oder weniger bekannten Gesichtern und harrte
der Dinge, die in den nächsten Jahren noch so kommen sollten. Hätte
man da schon gewusst...! Ehrfürchtig, vielleicht sogar etwas eingeschüchtert,
erwarteten wir nun also den Ernst des Lebens. Die schöne Zeit war vorbei,
Volksschule ade! Mit frisch gewaschenem Hemd, ordentlich über die Stoffhose
drapiert und sauberen Fingernägeln, aufrechten Sitzes und mit ermahnenden
Wortes „Benimm dich und pass schön auf“ aus dem Elternhaus
morgens entlassen, konnten wir die erste Begegnung mit unseren neuen Lehrern
kaum erwarten. Und unsere Erwartungen sollten sich in vielfacher Hinsicht
erfüllen. B wie Beten. Da unsere Eltern
uns anscheinend an einem bischöflichen Gymnasium besonders gut aufgehoben
sahen, nahm die christliche Erziehung einen nicht unwesentlichen Bereich
in der gesamtpädagogischen Sicht ein. Die elterliche Entscheidung zeigt
sich in den meisten Punkten als wertvoll, führte die religiöse
Erziehung doch zumindest auch bei kritisch eingestellten Heranwachsenden
zu einer Erweiterung kosmopolitischen Denkens. C wie Charme.
Diesen besaß unsere Penne allemal. Nicht nur deshalb, weil sie in
ihrer durch die Natur eingerahmten äußeren Bedingungen als idyllisch
zu bezeichnen war (man denke an die Vogelvoliere und den gerne frequentierten
Park am klösterlichen Friedhof), sondern auch durch die Vielzahl ihrer
verschiedenen Winkel und Ecken: Kartenräume im Keller, Kunstraum unter
dem Dach, Musizierzimmer unter dem damals gelegenem Lehrerzimmer, die alte,
aber gern besuchte Turnhalle mit ihren Waschtrögen, D
wie Dach. Damit ist nicht das auf dem Haus befindliche Dach
gemeint. Nein, es gab vielmehr einen anderen so benannten Ort ebenerdig
unter dem Bioarchiv, an dem man sich für die Pausen gerne verabredete.
„Kommst Du gleich unters Dach?“ Unter gelblich eingefärbtem
Licht traf man sich in den Pausen, um zu klönen, die Zigarette in der
einen, den Kakao in der anderen Hand. So mancher Schwur oder auch nur Flachserei
füllten unsere Treffen. E wie Eltern.
Auch sie muss man zu den Mitgliedern der Penne zählen. Zweimal im Jahr
hatten zumindest die meisten von ihnen ihren Auftritt zu ganz persönlichen
Beratungsgesprächen, immer noch Elternsprechtage genannt. Im Vorfeld
dieser Veranstaltungen senkten sich an den Schulmorgen Geräuschpegel,
baute sich Sittsamkeit auf, um wenigstens noch zu retten, was zu retten
war. F wie Fehde. So genannter Handschuh wurde
in den ersten Jahren manches Mal zwischen den alt- und neusprachlichen Zweigen
geworfen. Mit zunehmendem Alter verlor sich die Bedeutung dieser Unsitte
allerdings zusehends. Mancherorts wurde sogar von Verschmelzung untereinander
gemunkelt...
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Sexta [Klasse 5], neusprachlicher Zweig 1969 |
G wie von Galen. Namenspatron unserer Erziehungs-
und Bildungsanstalt. Stand rückbetrachtend als Vorbild für manchen
Widerstand aus den Schülerreihen gegen die herrschende Führungsspitze.
H wie Hausaufgaben. Von jedem Schüler mehr
oder minder gehasster notwendiger Teil des Schulalltages. Sah man dies zu
seiner Zeit oft als Zeitverschwendung an, hat man heute den Eindruck, als
wäre doch nicht alles so ganz umsonst gewesen. Fielen mal mehr oder
auch weniger intensiv auf. I wie Internat.
Interne und Externe. Diese Unterscheidung machte im Nachhinein betrachtet
auch einen ganz besonderen Reiz der Schule aus. Wohin hätten wir denn
sonst mit unseren aufgeschlagenen Knien hingehen sollen, wenn nicht zur
„Schwester“. Später gesellten sich zu den eben erwähnten
Blessuren auch die oftmals ursprünglich nicht feststellbaren Kopfschmerzen
hinzu, die im alten Kloster Linderung erfuhren. Gerne beteiligte sich auch
so mancher Externe an der klostereigenen Butterbrotsausgabe zur großen
Pause... J wie Jugend. Schöne Zeit, viel
zu schnell vorüber gegangen. K wie Klasse.
Zweifelsohne erinnert sich jeder aus den älteren Jahrgängen gerne
an die damals noch existierende Klasse traditioneller Art. Man wuchs im
Laufe der Jahre zu einer Gemeinschaft zusammen, die durch das sicherlich
ebenfalls sinnvolle Kurssystem abgelöst wurde. Dennoch vermag die Differenzierung
im Schulsystem nicht dieses feste Gefüge zu vermitteln, das uns seinerzeit
auf irgendeine Weise miteinander verband. L wie Lehrer.
Aus damaliger Sicht leider manchmal notwendiges Übel an der Penne.
M wie Mädchen. Sie fanden erst nach und nach
und dann plötzlich ebenfalls Zugang zum KvG. Mir ist niemand bekannt,
der diesen „Zugang“ bedauerte. N wie Neigung.
Der Leser könnte nun einen direkten Bezugspunkt zum vorhergegangenen
Buchstaben herstellen. Einige haben dies auch in der Vergangenheit getan,
dennoch ist unter diesem Punkt vorrangig die Wahl der Neigungsfächer
zu verstehen. Eine wie schon erwähnt sinnvolle Möglichkeit der
Nutzung individueller Fähigkeiten.
O wie Olymp. Wer einmal im Olymp gesessen... Besonders
in den ersten Schuljahren ein ganz besonderer Klassenraum. Sehnsüchtig
schwenkte man als Quartaner den Blick vom Lehrerzimmer über den Erdkunderaum
zum Olymp. Dort befand er sich. Der höchste Klassenraum im Altbau.
Ansonsten regierte in dieser Höhe nur noch die Kultur. Aula und Musikraum.
Von diesem Raum aus konnte man große Teile des gesamten Schulgeländes
überblicken (und auch exzellent mit Wasser gut gefüllte Luftballons
hinunterwerfen).
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Die Fußball-Schulmannschaft des KvG, die
1977 Münsterscher Stadtmeister wurde
(Spieler aus den Abiturjahrgängen 1977 und 1978) |
P wie Paterkloster. Respektlos auch „Padderkloster“
ausgesprochen. Ebenfalls ein Haus mit ganz eigenen Reizen. Der Jungentrakt
mit Schlafsälen, Aufenthaltsräumen samt Kicker, Kellergewölben,
dem auf der anderen Seite liegenden klerikalen Bereich mit Klausur, Großküche
und nicht zuletzt dem Herz des Klosters, der Kirche. Wie viele unvergessene
Weihnachtsgottesdienste mit herrlichem Gesang, etlichen Predigten, die es
in sich hatten, haben dort den Weg ins Gehör gefunden. Dieser ganz
besondere Ort, unter dem sich die modern gehaltene Krypta befand. Bestürzt
nahm man seinerzeit zur Kenntnis, dass dieser Ort der inneren Einkehr einem
anderen, niederen Zweck, einem Parkplatz weichen musste. Q wie Quarta oder Quinta.
Bezeichnungen für Jahrgangsstufen, an die sich heute viele Leute gerne
erinnern. R wie Ruhm. Nicht jeder bekleckerte
sich zu aktiver Zeit mit demselben. Dennoch gilt es zu erwähnen, dass
sportliche Leistungen auf dem Gebiet des Volleyballs das KvG über die
Landesgrenzen hinaus bekannt machten und dies heute noch tun. Zu Zeiten
der Antike kehrten nicht nur die Krieger, sondern auch die siegreichen Sportler
stolz in ihre Heimat zurück und wurden mit Ruhm und Ehre überhäuft.
S wie Spelle. Wenn auch ansonsten nicht die Absicht
des Schreibers ist, Personen mit Buchstaben des fortlaufenden Alphabetes
zu verbinden; in diesem Fall kommt man nicht umhin. Ich sehe ihn mit seinem
Trecker samt Anhänger über das Schulgelände fahren, als Milch-
und Kakaowart im Keller des Altbaus Getränke ausgebend, mit Werkzeug
bewaffnet zu Reparaturen eilend. Zuletzt noch in seinem Regieraum im Anbau
mit den Schaltkästen (etliche Male musste er die wie von Geisterhand
zum Leben erweckte gelbe Warnlampe über dem Eingangsbereich zum Erlöschen
bringen). T wie Theorie. Nimmt auch heute
noch einen zu großen Raum in den gymnasialen Stufen ein. Besonders
in den ersten Jahrgängen sollte mehr an die Praxis gedacht werden (Learning
by doing)! U wie Unsinn. Ein Steckenpferd
für fast alle Schüler. Jeder erinnert sich gerne daran. Maikäfer
hinter der Tafel, verschwundene Klassenbücher, in Wandschränken
eingeschlossene Mitschüler, Schwammschlachten... V
wie Velo. Zu ungeahnten Ehren gekommenes, aus Frankreich importiertes
Hilfsfahrrad, das an den Charme der ebenfalls populären, auch schnelleren
Chio nie herankam. Allerdings wurde das ursprünglich einheitliche schwarze
Erscheinungsbild bei einigen Ausführungen durch avantgardistisch anmutende
Farbspielereien aufgehellt. W wie Wasser.
Wasser gab es im alten Freibad neben der Turnhalle genügend. Wenn man
an heißen Tagen zu Zeiten von Freistunden noch mal „plümpsen“
wollte, musste man eine Aufsicht in Form eines Lehrkörpers organisieren.
Auf Grund der für jedermann eintretenden Erfrischung war die Suche
oftmals von Erfolg gekrönt. X wie Xylophon.
So manch einem Pennäler diente dieses Instrument in der Volksschulzeit
zur Vorbereitung auf höhere Aufgaben am KvG, die bei den vielfältigen
musikalischen Aktivitäten unter Beweis gestellt werden konnten. In
diesem Zusammenhang muss des unermüdlichen Einsatzes unserer Musiklehrer
gedacht werden, die so unvergessene Aufführungen wie „Die Wunderuhr“
ins Leben riefen. Y wie Yeti. Zu Beginn der
70er veränderte sich das Äußere, heute sagt man Outfit,
vieler männlicher Jugendlicher derart, dass man annehmen konnte, die
Verwandtschaft zu der im asiatischen Hochland vermuteten Menschengestalt
sei nun doch nicht so weit entfernt. Z wie Zusammenfassung.
Sollte immer den Umständen entsprechend kurz gehalten werden. KvG
– Danke!
Thomas Sandfort in: Kardinal-von-Galen-Schule 1946-1996, Münster
1996 |