Pater Manfred Simmich

Das Lehrerportrait

Für Generationen von KvG-Schülerinnen und Schülern ist Pater Manfred Simmich ein Begriff. Der heute 78 Jahre alte Hiltruper Missionar unterrichtete bis 1996 die Fächer Musik und katholische Religion, zu Beginn auch noch das Fach Latein. Sein Flötenensemble führte er noch lange nach seiner Pensionierung fort. Auch danach riss die Verbindung zum KvG und zu seinen ehemaligen Schülern nicht ab. Viele baten ihn, sie zu trauen oder ihre Kinder zu taufen, Aufgaben, die er bis heute übernimmt und die nicht zuletzt die Wertschätzung ausdrücken, die die ehemaligen Schülerinnen und Schüler ihrem überaus beliebten Lehrer entgegenbringen.
Dabei wollte Manfred Simmich eigentlich gar nicht Lehrer werden. Nach seinem Theologiestudium und seiner anschließenden Priesterweihe liebäugelte er mit einer Tätigkeit bei den Hiltruper Missionaren in Peru. Das zweite Missionsgebiet der Hiltruper Missionare, Papua Neuguinea mit seinen vielen Inseln, war ihm eher unheimlich. Den südamerikanischen Traum musste er begraben, als der damalige Provinzialobere, die pädagogischen Fähigkeiten seines jungen Mitbruders richtig einschätzend, Manfred Simmich als Gruppenleiter in der Internatserziehung am KvG einsetzte.
Internat und Schule waren ihm bereits vertraut, da er selber 1954 in Hiltrup sein Abitur gemacht hatte. Da in der Schule ein Mangel an Lateinlehrern herrschte und er als Exschüler (9 Wochenstunden Latein) und Theologe die Sprache beherrschte, unterrichtete er zu Beginn zwei Sexten (heute Klasse 5). Bald kam eine Quinta hinzu. Nach dem Tode des damaligen Musiklehrers, Pater Tegethoff, übernahm Manfred Simmich einen großen Part des Musikunterrichtes an der Schule. Er baute ein Blas- und Streichorchester sowie einen Chor auf. Dazu kam noch eine Choralschola, die die Proprien und Ordinarien in den Hochämtern sang und auch oft im münsterschen Dom zu hören war. Chor und Orchester gestalteten Feierstunden und Feste der Schule, u.a. die stets überfüllte Weihnachtsmesse an Heiligabend in der Pausenhalle der Schule. Auch Tage der Hausmusik und Schulkonzerte gehörten zum musikalischen Programm der Schule. Gern erinnert sich Manfred Simmich im Gespräch an seine eigene Schülerzeit am KvG, das am 21. Juni 1946 mit 29 Schülern nach dem Zweiten Weltkrieg nach der Schließung durch die Nationalsozialsten wiedereröffnet wurde.
Im Internat des alten Klosters lebten 1947, bei seinem Eintritt in die Schule, 72 Schüler. Zusammen mit den externen Jungen besuchten 163 Schüler die Schule. Den Internatsschülern stand bis zum April 1950 allerdings nur der Nordflügel des im Krieg nicht beschädigten Klosters zur Verfügung. Den übrigen Teil des Hauses belegte die Raphaelsklinik. Zuerst schliefen alle Schüler in einem großen Schlafsaal unter dem Dach. Erst nach dem Auszug der Klinik und ihres Personals wurde unterteilt und für die Oberstufenschüler gab es Drei- oder Vierbettzimmer.
Eine Episode ist Manfred Simmich noch in besonderer Erinnerung: „1949/50 wurde im Zuge der Modernisierung eine Koksheizung eingebaut. Vor Weihnachten 1950 wurde der Koks knapp, und es wurde mit einer Art Kohleschlamm geheizt. Am 8. Dezember ordnete der damalige Superior und Schulleiter, Pater Dr. Heinrich Rademacher, daher an, die Schule wegen der Heizprobleme zu schließen. Wir wurden in die Ferien geschickt und waren darüber auch nicht traurig. Die Ferien dauerten bis Ende Januar."
Hunger habe man in den Nachkriegsjahren nicht gelitten. Auch wenn das Brot knapp war, wurden Brötchen gebacken. Die Brötchen waren zugleich beliebte Tauschobjekte mit den Externen.
Der Tagesablauf eines Internatsschülers unterlag einem gleichbleibendem Reglement. Jeden Morgen stand man um 6.00 Uhr auf, anschließend wurde die Messe in der Klosterkapelle gefeiert. Nach dem gemeinsamen Frühstück begann der Unterricht, der bis zum Mittagessen dauerte, das gemeinsam eingenommen wurde. Bis 14.00 Uhr hatten die Schüler Freizeit, danach versammelten sie sich zu ihrer zweistündigen Studierzeit. Ein gemeinsames Kaffeetrinken, bei dem „Muckefuck" getrunken wurde, folgte. Nach dem Abendessen und der abschließenden Freizeit endete der Tag um 21.15 Uhr.
Doch nicht nur Kopfarbeit war gefragt. Das sogenannte „weiße Gebäude" der Schule, in dem heute die Schülerinnen und Schüler der unteren Jahrgänge ihre Klassen haben, war zerbombt worden und wurde 1947 wieder mit viel Eigenarbeit aufgebaut. Auch der Fußballplatz auf dem jetzigen Parkplatz des KvG wurde in Eigenregie angelegt. Da auf dem Gelände ein Wald gestanden hatte, mussten Wurzelstöcke ausgegraben werden. Als Belohnung gab es eine Tafel Schokolade. Auf dem Terrain der jetzigen großen Sporthalle lag eine Schwimmgrube, sie war kalt, aber sehr beliebt.
Da die Zahl der Ordensmitglieder rückläufig war, musste das Internat am Ende des Schuljahres 1972 geschlossen werden. 1975 wurde die Schule in die Trägerschaft des Bistums Münster übergeben. Pater Manfred Simmich blieb noch bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 21 Jahre an seiner Schule. Muße blieb ihm jedoch nicht, denn seine Mitbrüder wählten ihn sofort zum Superior des Hiltruper Klosters, ein Amt, das er noch 13 Jahre verwaltete.
Paul Thelosen, KvG-Jahrbuch 2010/11