Neugestaltung der Kapelle des Missionshauses 1965/66


Die Mitte unseres Hauses


Es gibt sicher viele Möglichkeiten, eine alte Kapelle für die neue Liturgie einzurichten. Es muss nur die rechte gefunden werden, damit nicht eines das andere überformt, sondern das eine dem anderen eingeordnet wird. Wenn die Eucharistiefeier dichtester Ausdruck kirchlichen Lebens ist, dann muss das die Gestalt einer Kapelle auch zum Ausdruck bringen.
Es ist, wie ich glaube, dem Architekten und Künstler gelungen, die gewandelten Vorstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils von der Eucharistiefeier fruchtbar zu machen, indem sie unter Beseitigung alles wirklich Unwesentlichen dem Altar unserer jetzt konzils-gerichteten Kapelle, der Christus darstellt, seine absolute Vorrangstellung zurückzugeben versuchten. Dabei haben sie den altchristlichen Gedanken, dass die Kirche und ihre Ausstattung die lebendige Kirche Christi bezeichnen, etwas vom Glanz künftiger Herrlichkeit in sich tragen und so der Ort der Verheißung, „Haus Gottes und Pforte des Himmels“, sein muss, mit den uns vorgegebenen Möglichkeiten würdig zu nutzen gewusst. Die Liturgiekonstitution sagt sehr deutlich, wie wichtig für die Erreichung dieses Zieles die künstlerische Qualität ist. Sie war auch für den Umbau unserer Kapelle keine kostbare Zugabe, sondern notwendige Bedingung. Sie lässt die Gestalt unserer Eucharistiefeier; die in ihrem Wesen bloßgelegt ist, in aller Deutlichkeit zu Tage treten, weil Kunst und Architektur selbst Gestalt haben.

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Kapelle mit neu angebautem Umgang
Im Hintergrund des mittleren Fotos der Schulhof; ganz hinten Anstieg zum Sportplatz (heute: Pausenhallentrakt)

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Weihbischof Heinrich Baaken bei der Salbung des Altars in der neu gestalteten Kapelle Nach der Altarweihe feiern sechs Patres zusammen mit
dem Weihbischof die heilige Messe
Schulgelände um 1980
Blick auf die Kapelle mit modernem Umbau
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Das Innere der Kapelle:
Insbesondere der Chorraum mit Altar, Tabernakel und Ambo wurde nach den Erfordernissen des 2. Vatikanischen Konzils neu gestaltet. Die Säulen an der Orgelbühne (Bild rechts) sind heute noch zu sehen: Sie wurden nach dem Abbruch der Kapelle als Fensterteilung in die Außenfassade übernommen.

Schauen wir näher zu: Im Chorraum, der den Verhältnissen entsprechend großräumig angelegt ist, kann sich die nicht mehr auf den Altar beschränkte Liturgie geordnet und sinnfällig entfalten. In seiner Mitte, überragt vom Kreuz, steht das wuchtige, auf die überragenden Eigenständigkeit der Eucharistiefeier hinweisende Massiv des Altares, dessen Tischplatte von zwölf Sandsteinen getragen wird. Um diesen Tisch versammeln wir uns alle Tage und werden brüderliche Gemeinschaft, die ihre künftige Lebensweise hier vorweg lebt. Hier kommen wir zusammen, damit Christus mehr und mehr die Mitte und der Angelpunkt unseres Lebens wird.
Da sich der Wortgottesdienst vom Altar gelöst hat, ist zur Rechten des Altares, am feststehenden Ambo, ein Raum geschaffen worden, der sichtbar macht, dass hier und an keiner anderen Stelle Gottes Wort verkündet wird. Das Gleiche gilt vom Priestersitz, der den Priester als Vorsteher der versammelten Gemeinde zeigt. Altar, Priestersitz und Ambo wirken nicht zufällig aufgestellt, sondern haben ihren einzig möglichen und gültigen Platz erhalten. Der auf einer Säule aufgebaute Tabernakel auf der gegenüberliegenden Seite des Ambo hat eine Aufstellung gefunden, die dem hohen Rang der Sache würdig ist und die angemessene Verehrung durch die Gläubigen fördert.
Der Verkündigung des Gotteswortes und der sakramentalen Epiphanie des Herrn in der Eucharistiefeier entspricht so das Gegenwärtigsein des Gotteswortes im Buche der Heiligen Schrift und die Gegenwart des Herrn in der aufbewahrten heiligen Hostie außerhalb des Gottesdienstes.
Die gesonderte Aufstellung des Tabernakels erlaubte es, ihn auch zum Gegenstand künstlerischer Darstellung zu machen, deren alttestamentliches Programm mit seiner Deutung die Haltung des Christen angibt: Moses geht vor dem brennenden Dornbusch in die Knie. Sind wir nicht dann am größten, wenn wir knien?
P. Josef Brügger MSC in: „Die Brücke“, Schülerzeitschrift der Kardinal-von-Galen-Schule Hiltrup, Jg. 1966/1