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Die Kellerdecke wird gegossen

Errichtung des Hauptgebäudes 1955-1957


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Ausschachtungsarbeiten 1955
Die fortdauernd große Zahl von Anmeldungen, differenzierte Fachforderungen und der größere Raumbedarf des Internates machten schon bald wieder Überlegungen für einen Neubau notwendig. Die Bauarbeiten begannen 1955. Das neue Schulgebäude (heutiges Hauptgebäude) wurde am 7. März 1957 eingeweiht. Die Einweihung war ein festliches Ereignis, mitgetragen vor allem vom Schulchor und der Oberprima mit Darstellungen zu P. Löbberts Vortrag „Der Festchor bei Römern und Griechen“. Der Kultusminister war durch Staatssekretär Bergmann vertreten, der die Bedeutung der Privatschulen als ein Zeichen der kulturellen Freiheit, freier Gesellschaften und freier Menschen wertete. Als Geschenk überreichte er einen größeren Betrag für den Bau der Orgel in der Aula.

Damit standen der Schule weitere sechs Klassenräume und Unterrichtsräume für Musik, Physik, Chemie, Biologie, Erdkunde und Kunst einschließlich Vorbereitungsräumen zur Verfügung. Zusätzlich waren nun die bei vergleichbaren Schulen zu erwartenden Räume wie Konferenzraum, Verwaltungsräume, Ekernsprechzimmer, Fotolabor, Werkraum, Bibliothek, Schülerdruckerei, Milchbar, Brausebäder und Fahrradkeller vorhanden. Nur die Innenausstattung der Aula mit der Orgel mußte angesichts der Mittelknappheit bis 1959 zuriickgestellt werden. Die Finanzierung dieses Vorhabens stellte den Orden vor schwere Probleme.
Dr. Wolfgang Knackstedt: Die Geschichte der Kardinal-von-Galen-Schule von 1946 bis 1986. In: Kardinal-von-Galen-Schule 1946-1986, Münster 1986
Aus der Chronik des Schuljahres 1955/56.
Bedeutung der Abkürzungen: OI=Oberprima [Kl.13], UI=Unterprima [Kl.12], OII=Obersekunda [Kl.11], UII=Untersekunda [Kl.10], OIII=Obertertia [Kl.9], UIII=Untertertia [Kl.8], IV=Quarta [Kl.7], V=Quinta [Kl.6], VI=Sexta [Kl.5]. SK=einjähriger “Sonderkursus“, in dem nachträglich hinzustoßende Schüler auf den Einstieg in Klasse 8 vorbereitet wurden.

Grundsteinlegung


Hiltrup.
Fahnen umsäumten am Montag den bereits im Kellergeschoß fertigen Erweiterungs-Neubau der Kardinal-von-Galen-Schule an der Straße Am Roten Berge auf dem Gelände des Missionshauses. An der Stirnseite des neuen Gebäudes zum Innenhof hin hatten sich das Lehrerkollegium der Patres und der weltlichen Lehrer unter der Leitung des P. Dr. Heinrich Rademacher, des Direktors der Schule, P. Superior Heidrich mit den Angehörigen der Klosterkommunität und die 350 Schüler der Kardinal-von-Galen-Schule zur Grundsteinlegung eingefunden.

P. Provinzial Bernhard Siebers (Münster) sagte in seiner Ansprache, dass es immer schon sein Wunsch gewesen sei, für die Schule in Hiltrup ein Gebäude zu schaffen, das allen modernen Anforderungen gerecht würde. Heute nun, im letzten Jahre seiner Amtszeit, könne man den Grundstein legen, der ein Symbol dafür sei, dass auch am Beginn des zweiten Jahrhunderts im Wirken der Missionare vom heiligsten Herzen Jesu dieselben Ziele wie zur Gründerzeit verfolgt würden, nämlich die Ausbreitung des heiligsten Herzens in alle Welt. Er bat um Gebet und Opfer, dass das Werk zum rechten Ende geführt werde und daß dann recht viel Segen und Gnade von hier ausgehen mögen.

Anschließend segnete er den Grundstein, vor dem P. Johannes Löbbert die von ihm in lateinischen Distichen verfasste Urkunde verlas. Die Urkunde, die 16 Mal die Jahreszahl der Grundsteinlegung und alle wichtigen Daten der Vorgeschichte und der Bauausführung enthält, wurde anschließend von P. Provinzial Dr. B. Siebers in den Grundstein eingelegt. Die Hammerschläge auf den Grundstein begleiteten Bauherren, Planer .und Ausführende mit guten Wünschen für den weiteren Bau und den Geist, der hier einst herrschen wird. Die Feier wurde umrahmt durch Darbietungen des Bläserchores der Kardinal-von-Galen-Schule unter der Leitung von P. Bernhard Bessen.

Der Erweiterungsneubau, für dessen Entwurf und Bauleitung Dipl.-Ing. Wucherpfennig (Münster) verantwortlich zeichnet, dient der Entlastung des Missionsklosters, das in Zukunft nur noch als Wohnung der Klostergemeinschaft und des Internates dienen soll. Alle Schulräume sollen aus dem Kloster in den Erweiterungsneubau verlegt werden.

Der Neubau wurde notwendig durch das stete Anwachsen der Schülerzahl. Die Internatsräume im Kloster waren ursprünglich für 120 Missionsschüler berechnet. Ihre Zahl ist nach dem Zweiten Weltkrieg auf 250 gestiegen. Die bisherigen Unterrichtsräume im Kloster werden nach der Fertigstellung des Neubaues dem Internat zugute kommen. Als Unterrichtsräume sind sie augenblicklich den Anforderungen eines modernen altsprachlichen Gymnasiums, vor allen Dingen in den naturkundlichen und musischen Fächern, nicht mehr gewachsen.

Der neue Erweiterungsbau, dessen Ausführung der Firma Gebr. Bröcker übertragen wurde, wird folgende Räume beherbergen: Im Kellergeschoß Badeanlagen, Werkräume, Musikübungsräume, Fahrradunterstellraum und Heizung. Im Erdgeschoß: Konferenzsaal, Verwaltungsräume, Sprechzimmer, Bücherei, drei normale Klassenräume, Unterrichts-, Sammlungs- und Vorbereitungsraum für Biologie und Erdkunde, Pausenhalle. Im ersten Obergeschoß: Drei normale Klassenräume, Unterrichts-, Übungs-, Sammlungs- und Vorbereitungsräume für Physik und Chemie, Zeichensaal. Im zweiten Obrgeschoß: Aula, Musikunterrichtsraum und Musikarchiv. Der restliche Unterrichtsraum liegt im parallelen Schulbau, der bereits 1946 auf den Grundmauern der ehemaligen Druckerei errichtet wurde.

Mit den neuzuerstellenden Räumen wird die Kardinal-von-Galen-Schule in Zukunft allen Anforderungen eines modernen altsprachlichen Vollgymnasiums gewachsen sein.
Westfälische Nachrichten 13. 12. 1955

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Grundsteinlegungsurkunde mit deutscher Übersetzung des Textes
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Während Pius XII. die Kirche Christi regieret,
Er, der englische Hirt, tief von allen verehrt;
Sorgt für das Vaterland Präsident Heuß - es ist noch gespalten -,
Ihm als Kanzler zur Seit' Adenauer, ein Mann.
Segensreich führt in Nordrhein-Westfalen Karl Arnold das Szepter,
Glücklich und stets mit Bedacht, und bei vielen beliebt.
Michael, Bischof von Münster, daß Christus immer mehr herrsche,
Immer mehr finden zu ihm, weihet er Tempel und Volk.
Amtsvorgänger war ihm der siegreiche Löwe von Münster,
Danach ist sie benannt Kardinal-Galen-Schule.
Da der Krieg zerstört, was einst man mit Mühe errichtet,
Bald eine Schule aufs Neu, klein, aber fein, schon entsteht.
Jetzo gehet sogleich ins Land vielsagende Fama:
„Seht, die Palästra ist da, lang von den Männern ersehnt!
Auf, nun auf, ihr Knaben, und eilet zur Schule nach Hiltrup,
Da kannst du werden gelehrt, lebender Christophorus!“
Diese drängende Kunde, sie wird gehört und befolget,
Und von nah und fern eilen die Schuler herbei.
Drauf hat die jährliche Sonne den Umlauf neunmal vollendet,
Seit neue Freiheit erstand, Hoffnung den Männern geschenkt.
Aber die jung eröffnete Schule ist voll bald von Knaben,
Überall dränget herein Fülle durch engende Tür.
„Ach, zu klein ist die Schule, ach, viel zu eng ist sie, seht doch!“
Also erheben die Klag' Leiter und Lehrer zugleich.
Und es beklagt P. Rademacher sich, der Rektor der Schule,
Was zu geschehen hat, gibt er genau zu Bericht.
Erster der Patres im Hiltruper Hause ist P. Heidrich:
Als den Schaden er sieht, klagt er ihn bei der Provinz.
Was man bei unserem Orden, bei geistlichen Herren Provinz heißt,
Wird von einem Mann mit seinem Rate regiert.
Hüter des Gaues und Erster des Rates ist P. Siebers,
Er beruft seinen Rat, daß man steu're der Not;
Fragt sich: wer? was? wo? mit welchen Mitteln und wann denn?
Soll man bau'n oder nicht? - dies ist der Männer Beschluß:
Wir M. S. C. norddeutscher Provinz, wir bau'n eine Schule,
Größer und weiter, die dann alle zu fassen vermag.
Bauen woll'n wir in Hiltrup, und östlich des früheren Hauses,
Hilfe schenke uns Gott, und Unsre Liebe Frau,
Du vom Heiligsten Herzen; sobald vorhanden die Mittel,
Geld genügend geborgt, denn wird der Neubau erstehn.
Bauen werden wir endlich, wenn uns zum Borgen und Bauen
P. General seine Erlaubnis.erteilt.
P. General Mac Cabe - ohn' Zaudern - gewährt uns
den erbet'nen Bescheid; Geld scheint genügend bereit!
Architekt ist wie stets der bekannte Wucherpfennig,
- Nein, nein, nur keine Angst: Name besagt Qualität!
Ihm wird Auftrag erteilet, er dinget sogleich eine Firma:
„Männer von Bröcker und Co, leget ein stark Fundament!“
Alle gehen fleißig ans Werk, zu richten die Festen des Hauses,
Mauern wachsen empor, fertig erscheinet das Werk,
Nichts fast mangelt nunmehr als dieser erlesene Eckstein;
Diesen fügen wir jetzt frohen Herzens hier ein.
Du, GOTT, segne dieses Werk! Du sei selber der Grund!
P. Löbbert verliest die Grundsteinlegungsurkunde (s. u.).
Rechts P. Provinzial Dr. B. Siebers
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Der Grundstein
Der Hochbau kann beginnen!


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P. Rademacher bei der Ansprache zum Richtfest

Unter Gottes Schutz und Segen

Richtkranz über der neuen Kardinal-von-Galen-Schule

Hiltrup. Nach verhältnismäßig kurzer Bauzeit - am 12. Dezember 1955 wurde der Grundstein gelegt - konnte die Vollendung des ersten Bauabschnittes am neuen Schulgebäude der Kardinal-von-Galen-Schule festlich begangen werden. Der Richtkranz flattert über dem Dachgestühl des Rohbaues. P. Direktor Dr. Heinrich Rademacher schlug als Vertreter des Bauherrn P. Provinzial Dr. Bernhard Siebers den letzten Nagel ein.

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Der Dachstuhl ist fertig!
In seiner Ansprache an die Maurer und Zimmerleute, die sich auf dem Dach um ihn geschart und an die Patres und Schüler, die sich unten versammelt hatten, dankte P. Dr. Rademacher Gott für Schutz und Segen, die er während der Bauzeit sichtlich gegeben, daß der Bau ohne jeden Unfall und ohne jedes andere Mißgeschick in dieser kurzen Zeit habe errichtet werden können. Dann dankte er denen, durch deren Arbeitrit und Fleiß das große Gebäude erstanden sei. Dem Architekten, Dipl.-Ing. Wucherpfennig, an erster Stelle. Dann besonders den Maurern der Baufirma Bröcker (Hiltrup) unter der fachmännischen Leitung ihres Maurerpoliers Nordhoff. P. Direktor erinnerte daran, wie die Männer unter den oft sehr harten Bedingungen der kalten Zeit gearbeitet haben, manchmal, wenn die Betondecken zu gießen waren, bis zu achtundzwanzig Stunden hintereinander. Sturm und Regen hätten sie Tag und Nacht ausgehalten und allen ein Beispiel an Arbeitstreue und Pflichterfüllung gegeben.

P. Direktor dankte weiter der Baufirma Ast (Münster), die die schwierige Betonkonstruktion der Aula ausführte, und der Firma Langkamp (Wallenhorst bei Osnabrück), die mit großer Schnelligkeit das Dach fertigstellte. „Die Zeit ist nicht mehr fern, da Lehrer und Schüler mit Eifer und Freude in das neue Schulgebäude einziehen. Möge es eine Kulturstätte werden, von der aus Missionare in alle Welt ziehen und aus der auch Jungen aus der nächsten Umgebung als gebildete Männer ins Leben gehen. Das walte Gott“, so schloß P. Direktor seine Ansprache.

Dann wurde von den Zimmerleuten in humorvoller Weise der Richtkranz auf dem Firstbalken angebracht. Zimmerpolier Sutthoff sprach im Namen der Bauleute dem fertiggestellten Werke seine Wünsche für Gedeihen und Bestehen aus, dazu allen Beteiligten einen herzlichen Dank, der bekräftigt wurde durch Vivatruf und Bläsertusch. Mit einem lustigen Lied beschloß die Blaskapelle die für die Kardinal-von-Galen-Schule bedeutsame Stunde Ein neues Gebäude ist gerichtet, in dem das Leben vieler junger Menschen Richtung und Ziel empfangen soll. Darum hatte diese schlichte Feierlichkeit einen tiefen Sinn und eine Bedeutung, die über diese Stunde hinausgeht.
Westfälische Nachrichten 12. 06. 1956


Westfälische Nachrichten 07. 03. 1957
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Das neue Hauptgebäude 1957
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Fischauge-Impression von Alfons Borgmann 1989

Privatschule – Zeichen der Kultur


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Aula mit ansteigenden Gestühl, Tribüne für Beleuchtungstechnik und Orgel, ca. 1965
[…] Drei Kennmale sind für diese Schule charakteristisch: Sie ist eine Privatschule, eine Höhere Schule und eine katholische Schule.

Eine Privatschule: Eine Schule, die nicht von der öffentlichen Hand getragen, sondern aus freier Initiative kirchlicher Gemeinschaft geboren ist. Ein Volk und Land, das sich zur Freiheit bekennt, respektiert auch die Grundsätze kultureller Freiheit.

Das Land Nordrhein-Westfalen, das sich seiner mehr als 1000jährigen christlich-abendländischen Tradition bewusst ist, hat in Verfassung und Gesetzgebung dem Privatschulgedanken seine grundsätzliche Bejahung und tatsächliche Förderung erwiesen. […] Auch der Kardinal-von-Galen-Schule wird im Hinblick auf ihre wertvolle Leistung und ihren bedeutsamen Auftrag, den sie in diesem Raum zu erfüllen hat, auch in Zukunft ihre volle Sympathie und Unterstützung gehören.

Sie ist Höhere Schule eigener Prägung, altsprachliches Gymnasium, das der humanistischen Bildung aufs tiefste verpflichtet ist. Diese Feierstunde hat ja in solch überraschender und beglückender Schönheit ein unmittelbares, lebendiges Zeugnis echter humanistischer Bildung uns geschenkt. […] Die Höhere Schule ist die Schule der spezifisch geistigen Leistung mit der doppelten Aufgabe, auf die wissenschaftlichen Berufe vorzubereiten und unsere geistige Überlieferung in die Zukunft weiterzutragen. Wir würden die Wurzeln unserer geistigen Existenz zerreißen, wenn wir gerade in unserem technischen Zeitalter die Höhere Schule vernachlässigen und sie in ihrer Substanz antasten und schmälern würden.

Die Kardinal-von-Galen-Schule ist drittens eine katholische Schule, die im Blick auf ihr großes Leitbild und ihren Patron, den mutigen Bekennerbischof, diese Verkörperung christlichen Heldenmutes und großer Charakterstärke im Kampf für die Freiheit wider die Tyrannen, ihre immer neu gestellte Bildungs- und Erziehungsaufgabe erfüllt. Sie weiß um ihr klares Ziel und ihre innere Lebensmitte, sie hat ein Bildungsideal, um das sich alle Fächer gruppieren wie Planeten um die Sonne. Es ist unsere innerste Überzeugung: Mensch und Menschheit gehen aussichtslos zugrunde, wenn nicht letzte unantastbare Werte, ein höchstes, unverlierbares Gut in der Mitte des menschlichen Daseins stehen […]

Mit dem Blick auf diese letzten Werte möge die Kardinal-von-Galen-Schule sich reicher und tiefer entfalten und ausweisen als eine Stätte echter Gottesfurcht und ernsten Arbeitseifers, eine Bildungsstätte, durchweht vom Hauch frischen, frohen und lebendigen Schaffens. Auch für diese Schule gilt das Wort des großen Rabanus Maurus, das er seiner Stiftung, der Klosterschule in Fulda, widmete: „Fröhlich die Schüler, fröhlicher die Lehrer, am fröhlichsten der Rektor!“

Dieser festliche Tag hat vor allem auch unter Beweis gestellt, wie aufgeschlossen eine humanistische Bildungsstätte der musischen Bildung sein kann. Lied und Spiel, Singen, Sagen und Musizieren haben dieser Feierstunde tiefen Gehalt gegeben. […]

Alle guten Wünsche […] seien zusammengefasst in dem hellen Gruß und Wunsch der Bergleute von Rhein und Ruhr: der Kardinal-von-Galen-Schule ein herzliches und hoffnungsvolles „Glückauf“!
Aus der Ansprache Staatssekretär Bergmanns bei der Einweihung des neuen Schulgebäudes, abgedruckt im „Kurier“, der Zeitung der Zentrumspartei, März 1957
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Westseite mit Vordach und Basketballplatz
ca. 1965
Hauptgebäude von SW, im Hintergrund Altbau
ca. 1960
Straßenfront mit Schulgarten
ca. 1965