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Ausschachtungs- und Gründungsarbeiten
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Fertigstellung des neuen Missionshauses 1975


Erfolge und auch Rückschläge

Münster-Hiltrup (Eig. Ber.). Wenn Bischof Heinrich Tenhumberg am Sonntag dem neuen Kloster der Hiltruper Missionare die Weihe gibt, dann ist das zugleich ein Abschied und ein Neubeginn. Endgültig vorbei ist die Zeit, da von dem weithin sichtbaren neugotischen Klosterbau, der jetzt zur Führungsakademie der Polizei gehört, ein reiches missionarisches Wirken seinen Ausgang nahm: Der bescheidene Neubau, der in der Nähe des alten Gebäudes entstanden ist, zeigt an, daß Klosterleben und Missionstätigkeit sich auf einen kleineren Kreis beschränken müssen.

Der fehlende Nachwuchs macht sich auch für die Herz-Jesu-Missionare, wie der eigentliche Name der Hiltruper Patres und Brüder ist, bemerkbar. Aber der zahlenmäßige Rückgang soll keine Verringerung der Aktivitäten sein. Mission und Seelsorge bleiben weiterhin die Aufgaben. Außerdem soll das neue Kloster eine Stätte der Begegnung werden. Hier können Einkehrtage gehalten werden, Gesprächsabende, Treffen. Das neue Kloster ist als eine lebende Zelle gedacht, von der Impulse für das religiöse Leben ausgehen sollen. 27 Patres und Brüder leben in dem von P. Superior Termathe geleiteten Haus, das vom Architektenteam von Hausen/Rawe in den ehemaligen Klosterwald gebaut wurde. Der Gebäudekomplex, ein- und zweistöckig hoch, hat eine lebendige Gliederung und bildet zwei Innenhöfe. Die Architektur ist sachlich-modern und von angenehmem Formcharakter. Die Zimmer der Patres haben wenig von dem, was man sich gemeinhin unter klösterlichen Räumen vorstellt. Sie wirken eher wie Appartements. Das ganze Haus macht den Eindruck einer Akademie, in der für geistige und geistliche Aktivitäten Platz ist.

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Arbeiten an Hochbau und Dachstuhl
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Wichtigster Raum ist die Kapelle, in der sich die Ordensgemeinschaft zu Gottesdiensten und Gebet trifft. Sie ist bewußt schlicht gehalten. Leben bekommt sie von einem die ganze Hinterwand einnehmenden Glasfenster von Prof. Vincent Pieper. Wie in jedem Kloster gibt es einen gemeinsamen Eßraum, aber ein Fernsehraum ist ebenfalls Selbstverständlichkeit. Für die geplanten Begegnungen steht genügend Platz zur Verfügung.

Von den Patres sind fünf im Schuldienst tätig. Die schulische Arbeit hat in Hiltrup eine große Tradition. Zu dem alten Gebäude gehörten auch eine Schule und ein Internat, in dem die Schüler eine Hinführung zum Priester- und Missionsberuf erfuhren. Das Internat, das von einigen tausend Schülern durchlaufen wurde und beachtlichen Nachwuchs für die Ordensgemeinschaft hervorgebracht hatte, mußte jedoch 1971 geschlossen werden. In der jetzt bischöflichen Kardinal-von-Galen-Schule wird die Schultradition der Hiltruper Missionare jedoch fortgesetzt. An der Schule sind such einige der Brüder tätig (als Hausmeister und  im Sekretariat).

Einer der Hiltruper Patres ist Schwestern-Seelsorger und zugleich damit beschäftigt, eine Geschichte des Ordens zu schreiben. Die Clemenspfarre in Hiltrup wird von drei Herz-Jesu-Patres betreut, die nicht im Kloster leben. Der Nachschub für die Mission ist durch den Nachwuchsmangel besonders fühlbar beeinträchtigt. Ein Pater geht in diesen Tagen von Hiltrup nath Peru; ein anderer, der noch sein Abschluß-Examen  zu machen hat, bereitet sich auf die Tätigkeit in den Missionsgebieten vor. Das Kloster ist gleichzeitig Heim und Herberge für alte und kranke Ordensmitglieder.

Die wechselvolle, an großen Erfolgen und schweren Rückschlägen reiche Tätigkeit der Hiltruper Missionare geht auf das Jahr 1894 zurück. Damals erhielt der holländische Herz-Jesu-Pater Linckens von der Ordensleitung den Auftrag, in Deutschland die Gründung eines Missionshauses zu organisieren. Hier sollten vor allem Patres für das unter deutscher Schutzherrschaft stehende Missionsgebiet Neupommern (Südsee) ausgebildet werden. Die preußische Regierung suchte die Gründung jedoch unter Berufung auf das aus dem Kulturkampf stammende Jesuitengesetz zu verhindern. Aber der zähe Pater Linckens vermochte seine Pläne schließlich doch durchzusetzen. Er fand Unterstützung beim damaligen Bischof von Münster, Dr. Hermann Dingelstad, der ihm erklärte: „Meine ganze Diözese steht Ihnen zur Verfügung.“ Drei Jahre später konnte der Bischof das Stammhaus in Münster einweihen. Aus dieser ersten Missionsniederlassung im Bistum gingen über 450 Missionspriester hervor, von denen drei Bischöfe und zwei Apostolische Präfekten wurden. Außerdem wurden 300 Brüder aus Münster in die Missionen entsandt. Die Tätigkeitsfelder der Missionare waren Gebiete in der Südsee, im Apostolischen Vikariat Rabaul und auf den Marshall-Inseln, seit 1926 in der chinesischen Provinz Kweichow und  seit 1930 in Peru.

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Grundsteinlegung durch P. Termathe
In den Missionsgebieten waren große Erfolge zu verzeichnen, aber die Ordensgemeinschaft hatte dort auch bald ihre ersten Märtyrer. Unter dem NS-Regime schlug dem Hiltruper Haus der ganze Ungeist des Neuheidentums entgegen. Das Internat und das Gymnasium wurden aufgelöst. Am 19. Juli 1941 besetzte die Geheime Staatspolizei das Kloster, vertrieb alle Patres und Brüder und verbannte sie aus Westfalen und dem Rheinland. Der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, protestierte dagegen am nächsten Tag in einer seiner berühmt gewordenen Predigten in der Lambertikirche. Schwere Verluste erlitt unter den Kriegswirren die Südsee-Mission Rabaul. 59 Missionare starben dort in japanischer Haft, 13 von ihnen wurden nachweislich ermordet.

Nach dem Krieg gingen die Missionare mit Elan an den Wiederaufbau. 1946 konnten Schule und Internat wieder eröffnet werden. Das Internat ließ sich jedoch auf die Dauer nicht halten. Die Schule ging in die Trägerschaft des  Bischofs von Münster über. Weil das alte Haus zu zwei Dritteln leer stand und die Räume nicht mehr zeitgemäß waren, entschloß man sich zum Verkauf und zum Neubau.

Mit diesem Neubeginn wollen die Hiltruper Patres fortsetzen, was sie stets als ihre Aufgabe ansahen: Mission und Inlandsseelsorge. Sie wollen, wie Pater Termathe betont, ihre Arbeit weiterführen gemäß ihrer langjährigen Tradition and zugleich im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils. Der Pater Superior verweist auf das Dokument der Würzburger Synode über Orden und geistliche Gemeinschaften, in dem es heißt: „Entscheidend ist schließlich, daß die Gemeinschaften mitten im Gottesvolk ihren Platz haben.“ Das neue Kloster soll dem alten Auftrag dienen, den Dienst der Kirche mitten in der Welt zu verrichten.

Bernhard Gervink, Münstersche Zeitung 06. 12. 1975
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Bischof Heinrich Tenhumberg weiht das neue Kloster
Bischof Heinrich Tenhumberg bei Kloster-Einweihung:

„Auch neues Haus hat Zukunft“

Wert der Orden als „Intensivgemeinschaften“ in der Kirche

Münster-Hiltrup (Eig. Ber.). „Ich bin von Herzen froh, daß Sie den Mut gefunden haben, hier in Hiltrup ein neues Missionshaus zu bauen“, stellte gestern Bischof  Heinrich Tenhumberg fest, als er - sehr zur Freude der Hiltruper Missionare - selbst das nach 15monatiger Bauzeit errichtete neue Kloster mit der auch für die Öffentlichkeit zugänglichen Klosterkapelle einweihte. Und der Bischof war auch zuversichtlich: „Das neue Missionshaus in Hiltrup hat Zukunft, weil in der Gemeinschaft der Hiltruper Missionare Mission immer universal als innere und äußere Mission, als Mission im eigenen Land und unter den Völkern, als Mission in der eigenen Kirche und unter den Nichtchristen verstanden worden ist.“

Mit der an sich kleinen Hiltruper Klostergemeinschaft hatten sich viele weltliche Gäste gestern morgen in der Kapelle eingefunden, als hier der Bischof in Konzelebration mit dem Provinzialoberen Pater Gräbe und dem Hiltruper Superior Pater Termathe den ersten Gottesdienst in der neuen Kapelle feierte und dabei auch dem ganzen Haus den kirchlichen Segen gab. Zuvor hatte Pater Provinzial bei der Begrüßung von „wehmütiger Freude“ gesprochen, weil das Verlassen des alten Hauses sicherlich einen tiefen Einschnitt in das Ordensleben bedeute. Doch sei man voller Freude über dieses neue funktionsgerechte Haus, für das man hoffnungsvoll in die Zukunft blicke und aus dem heraus man weiterhin die Liebe Gottes den Menschen nahe bringen wolle.

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Bei der Einweihungsfeier sind auch Lehrervertreter des KvG zu Gast, v. l.: Dieter Agel, Detlef Nolte, Fritz Vorspel, Alfons Böcker

In seiner Predigt ging der Bischof dann noch näher auf die heutigen Aufgaben dieser Ordensgemeinschaft ein und forderte, die Ortskirchen und die Ordensgemeinachaften müßten künftig ihre Verbundenheit noch tiefer begreifen. Sie könnten ihren Grundauftrag nur gemeinsam erfüllen. Die Diözesen als Teilkirchen und die Weltkirche als ganze würden verarmen, gäbe es in ihnen nicht die Orden als Intensivgemeinschaften, welche die allgemeine christliche Berufung profilieren und verdeutlichen. Und umgekehrt könnten die Intensivgemeinschaften nur auf der breiten Basis der Weltkirche leben, die sich vor allem in den Teilkirchen und deren Gemeinden verwirkliche. Der Bischof fuhr fort: „Ein Bistum, das nicht missionarisch ist, ist ein totes Bistum, und ein Missionsorden, der nicht in den Gemeinden und Diözesen der Weltkirche verwurzelt ist und diese Verwurzelung pflegt, hätte sich von seinen Lebensquellen getrennt.“

Nach diesem von der Ordensgemeinschaft festlich gestalteten Gottesdienst freute Superior Pater Termathe sich, daß er so viele Gäste begrüßen konnte. Als Vertreter des Generals aus Rom hieß er Pater Bundervoet willkommen, auch die Provinzialoberen am der süddeutschen und nordamerikanischen Provinz wurden mit besonderer Freude begrüßt. Zahlreich vertreten waren auch andere im Raum Münster ansässige Orden; natürlich auch die Hiltruper Schwestern, die ihre Gründung diesem Pater-Orden verdanken. Dank sagte er auch allen, die zu der Verwirklichung dieses Baues beigetragen hatten.

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Das neue Kloster 1975

Der Geschäftsführer der norddeutschen Provinz, Pater Dr. Linnenbrink, dankte den Architekten van Hausen/Rawe besonders dafür, „daß am Freitag die wesentlichen Arbeiten abgeschlossen worden sind.“ Dank sagte er aber auch an Rat und Verwaltungen, die mitgeholfen hätten, dieses so große Vorhaben innerhalb kurzer Zeit zu verwirklichen. An den Bischof gewandt brachte Pater Dr. Linnenbrink .auch nochmals den Dank des Ordens zum Ausdruck, daß dieser das Gymnasium übernommen und damit dessen gute Entwicklung für die Zukunft gewährleistet habe. Die Übergabegespräche seien vertrauensvoll und harmonisch verlaufen. Die bedeutenden Erfolge der Hiltruper Missionare in der Mission und auch im eigenen Lande lobte der Vertreter des Generaloberen, Pater Bundervoet. Wenn das alte Haus von einer ereignisreichen Geschichte erzählen könne, dann sollten letzt im neuen Haus glückliche Menschen wohnen, die aus diesem Haus heraus Menschen glücklich machten.

Während dieses Empfangs überbrachte Bezirksvorsteher Heinrich Schütte auch die Grüße und Glückwünsche von Rat und Verwaltung der Stadt Münster und betonte dabei den Wert der segensreichen Arbeit dar Hiltruper Missionare für die heimische Bevölkerung. Dafür, daß der Umzug vom alten in das neue Haus so reibungslos gegangen sei, dankte Provinzialoberer Pater Gräwe dem Hiltruper Konvent, ein ganz besonderes Wort des Dankes richtete er an Pater Dr. Linnenbrink, der mit so viel Liebe, aber auch viel Mühe den Bau dieses neuen Hauses ermöglicht habe. Und bei den Gästen, die sich dann mit den Patres noch zum gemeinsamen Mittagessen zusammensetzten, bedankte der Pater Provinzia1 sich dafür, „daß Sie sich mit freuen über dieses neue Haus“.

hal, Westfälische Nachrichten 08. 12. 1975