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| Über 100 Messdiener reichten während der Vigilfeier am Samstag in der Lateran-Basilika das Licht an die 3000 Pilger aus dem Bistum Münster
weiter. |
Ein Stück Vollendung der Geschichte
Vigilfeier eint Jubiläums-Pilgerschar
Rom/Vatikanstadt. Es sind in diesen Tagen in Rom die kleinen Szenen am Rande, die von großer Geschichte erzählen. Da zieht der gebürtige Münsteraner Bernd Dieckmann in der Metro ein kleines Schwarz-Weiß-Foto aus dem Jackett. Es zeigt ihn als Ministraut, wie er den Hirtenstab von Clemens August von Galen trägt. Und der baumlange Bischof schreitet hinter ihm.
Bernd Dieckmann hat diese Szene aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht vergessen, und jetzt ist der pensionierte langjährige Kulturdezernent der Stadt Düsseldorf in Rom, um ein Stück Vollendung der Geschichte zu erleben. Mit ihm waren es am Samstag rund 3000 Pilger, die bei Regen Zuflucht in der Lateranbasilika suchten. Dort begann mit einer Vigilfeier der Festreigen zur Seligsprechung. Rund 150 Messdiener, die meisten aus der Borkener St. Remigius-Pfarre,
bildeten eine endlose Prozession zum Altar. Sie schwärmten zum Abschluss des Wortgottesdienstes ins mächtige Kirchenschiff aus und verteilten das Kerzenlicht an die Pilger, so dass „San Giovanni in Laterano“ im stimmungsvollen Licht erstrahlte.
In kurzen Kapiteln wurde während der Vigilfeier die Lebensgeschichte des Kardinals vorgestellt. Chöre aus dem Bistum und das Blechbläserensemble Monasterium besorgten meditativ-musikalische Zwischenstücke. Bischof Reinhard Lettmann erinnerte in seiner Ansprache daran, dass Papst Johannes Paul II. Kardinal
von Galen als Symbol für den Kampf gegen die Euthanasie herausheben wollte. Heute gehe es zugleich darum, das Leben in seiner ersten Phase zu schützen, sagte Lettmann im Hinblick auf Abtreibung oder medizinische Versuche am Embryo. Kardinal von Galen sei Vorbild „in seiner tiefen Gläubigkeit und in seinem mutigen Eintreten für Würde, Freiheit und Lebensrecht des Menschen“.
Leider fiel die abschließende Lichterprozession buchstäblich ins Wasser. Und auch die mehreren Hundert Mitglieder der Galen-Familie mussten sich sputen, ins Trockene zu kommen. Wie Wolfgang Graf Kerssenbrock aus Ennigerloh, ein Großneffe des neuen Seligen, berichtete, sind in diesen Tagen rund 500 Familienmitglieder aus ganz Europa in Rom versammelt. So wird die Seligsprechung zum Familientreffen genutzt, was im übertragenen Sinne für die gesamte Jubiläums-Pilgerschar des Bistums Münster zutrifft. Gemeinsame Geschichte und gemeinsamer Glaube schweißen zusammen.
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| Fröhlich winkten die Pilger aus dem Münsterland auf dem Petersplatz. |
Vorbild eines tiefen Glaubens
Kardinal von Galen selig gesprochen / 3000 Pilger aus dem Bistum Münster in Rom
Rom. Das Bistum Münster hat einen neuen Seligen: Fast 60 Jahre nach seinem Tod und 50 Jahre nach Eröffnung des Seligsprechungsprozesses
wurde Clemens August Kardinal von Galen, der von 1933 bis zu seinem Tode 1946 Bischof von Münster war, gestern in Rom selig gesprochen. Sein Fest wird künftig am 22. März, seinem Todestag, gefeiert.
Rund 8000 Gläubige, darunter etwa 3000 Pilger der Jubiläumswallfahrt des Bistums Münster, erlebten, wie der Präfekt der Heilig- und Seligsprechungskongregation, Kardinal Jose Saraiva Martins, im Auftrag von Papst Benedikt XVI. die Seligsprechungsformel verlas. Damit ist nun offiziell die Verehrung des „Löwen von Münster“ gestattet. Unter der Kuppel und an der Hauptloggia des Petersdomes wurden große Porträtbilder des neuen Seligen enthüllt.
Obwohl der Papst künftig nicht mehr persönlich den Seligsprechungsfeiern vorstehen wird, ließ es sich Benedikt XVI. nicht nehmen, kurz vor dem Schluss des feierlichen Pontifikalamtes zu den Pilgern aus dem Bistum Münster zu sprechen. Dabei lobte er Kardinal von Galen als Glaubensvorbild: „Der Herr gab ihm Mut und Tapferkeit, um die Rechte Gottes, der Kirche und des Menschen zu verteidigen, die das nationalsozialistische Regime im Namen einer irrigen neuheidnischen Ideologie in gravierender und systematischer Weise verletzt hat. Seine Seligsprechung am heutigen Tage stellt ihn als Modell eines tiefen und unerschrockenen Glaubens
heraus.“ An der Seligsprechungsfeier nahmen über 500 Mitglieder der weit verzweigten Familie von Galen, jeweils 150 Messdiener und Priester aus dem Bistum Münster und zahlreiche Bischöfe teil.
Mit der Pilgerfahrt zur Seligsprechung nach Rom fand das Jubiläumsjahr des Bistums Münster seinen Höhepunkt. Zum Abschluss der Bistumswallfahrt feiert Bischof Reinhard Lettmann heute in St. Paul vor den Mauern einen Dankgottesdienst, bevor die Pilgergruppen wieder die Heimreise antreten.
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| Bischof Reinhard Lettmann (l.), Kardinal Karl Lehmann (Mitte) und Kardinal Jose Saraiva Martins tauschen den Friedensgruß aus. |
Mit feurigen Worten dem Tod begegnet
Feierliche Seligsprechungsfeier für Kardinal Clemens August Graf von Galen im Petersdom
Rom/Vatikanstadt. Es war kurz vor zehn Uhr, als sich gestern Morgen im Petersdom der Vorhang vor dem riesigen Gemälde mit dem Porträt des Kardinals von Galen neben dem Bronzebaldachin des Bernini-Altars hob. Fast 60 Jahre nach seinem Tod und fast 50 nach dem Beginn des Seligsprechungsprozesses gehört der „Löwe von Münster“ jetzt zu den Seligen der Kirche. Die eigentliche Seligsprechungsformel hatte zuvor im Auftrag des Papstes der Präfekt der Heilig- und Seligsprechungskongregation, der spanische Kurienkardinal Jose Saraiva Martins, gesprochen. Als die rund 8000 Gläubigen, darunter rund 3000 Pilger aus dem Bistum Münster, gegen Mittag auf den Petersplatz strömten, sahen sie dort ein weiteres Riesenporträt des Kardinals von Galen unter der mittleren Loggia, wo der Papst sonst den Segen „urbi et orbi“ zu spenden pflegt. Papst Benedikt XVI. ließ das Bistum Münster nicht im Stich. Kurz vor Ende des Gottesdienstes schritt er zum Altar, verbeugte sich vor dem kleinen goldenen Schrein mit Reliquien des neuen Seligen und sprach die Pilger aus Münster an: „Mit Freude vereine ich mich mit euch allen in der Verehrung des neuen Seligen Kardinal Clemens August Graf von Galen. Unter der großen Schar der Zeugen für Christus im 20. Jahrhundert tritt diese Persönlichkeit eines eifrigen Priesters und eines großmütigen Bischofs klar hervor. Danken wir dem Herrn für diesen großen Zeugen.“
Nach dem päpstlichen Segen stellte Bischof Reinhard Lettmann dem Papst einige Ehrengäste vor, darunter Vertreter der Familie von Galen und NRW-Finanzminister Helmut Linssen. Wohl für längere Zeit zum letzten Mal setzte sich das Bistum Münster nach nunmehr drei Seligsprechungen in den vergangenen vier Jahren gestern eindrucksvoll in Rom in Szene.
Hunderte Messdiener, rund 150 Priester, über zehn Bischöfe, darunter Kardinal Karl Lehmann, zogen in gewaltiger Prozession in den Petersdom ein, wo Bischof Reinhard Lettmann in gewohnt freier Rede den neuen Seligen vorstellte und auf dessen berühmte Predigten hinwies: „Johannes Paul II. hat mir erzählt, dass er die Predigten als junger Student in Polen verteilt und aus ihnen Mut und Kraft geschöpft hat.“ Das freimütige Stehen vor Gott in Gebet und Gottesdienst und der Freimut im Einstehen für Gott und die Menschen habe den Kardinal gekennzeichnet. Die Benediktinerin Carolina von Kerssenbrock, eine Urgroßnichte des Kardinals, durfte Reliquien des neuen Seligen zum Altar tragen. Den Schrein hatte Goldschmiedemeister Ulrich Bockenfeld aus Warendorf angefertigt. Kardinal Martins würdigte den tapferen Einsatz des Kardinals von Galen für das Leben: „Die feurigen Worte des Bischofs trafen die Todesmaschinene des Nationalsozialismus bis ins Mark.“
Zum Schluss sagte er: „Der Diözese Münster, möchte ich gratulieren: Genau in dem Jahr, in dem sie ihrer Gründung vor nunmehr zwölf Jahrhunderten gedenkt, kann sie mit Freude und Stolz diese Seligsprechung hier, am Grab des Apostels Petrus, feiern.“
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| Papst Benedikt XVI. würdigte zum Schluss des Seligsprechungsgottesdienstes das Leben und Wirken des seligen Kardinals Clemens August von Galen. Zahlreiche
Bischöfe, über 150 Priester aus dem Bistum Münster und ebenso viele Messdiener sorgten für ein farbenprächtiges Bild am Altar des Petersdoms. |
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| Rund 8000 Gläubige, darunter etwa 3000 Pilger aus dem Bistum Münster, füllten den gewaltigen Petersdom |
„Erhoben zur Ehre der Altäre...“
Die Seligsprechung Kardinal von Galens in Rom
Es waren besondere Tage in Rom. Ganz besonders für uns vier Münsteraner Dommessdiener, die wir mit 25 anderen Dommessdienerinnen und Dommessdienern nach Rom gekommen waren. Denn wenige Wochen vor unserem Aufbruch hatten wir erfahren, dass wir bei der Seligsprechung nicht nur unter den über 300 aus dem ganzen Bistum angereisten Messdienern sein sollten. Wir vier, sowie drei Messdiener aus der Gemeinde St. Lamberti und weitere vier aus der Heimatgemeinde von Galens in Dinklage, sollten die Gruppe aus elf Messdienerinnen und Messdienern bilden, die direkt am Papstaltar des Petersdoms besondere Dienste übernehmen würden. Hierzu zählten das Tragen von Weihrauchfass und „-schiffchen“, in dem die Weihrauchkörner aufbewahrt werden, das Tragen von Leuchtern zum Evangelium, das Tragen des Kreuzes, des Mikrofons und des Messbuches sowie die Durchführung der Gabenbereitung.
So wuchs besonders bei uns mit jedem Tag, an dem die Abreise aus Münster näher rückte, die Vorfreude auf dieses ganz besondere Erlebnis, das sicherlich nur den allerwenigsten Messdienern zuteil wird.
Bereits in der Woche vor dem 9. Oktober erreichte ein Bus nach dem anderen die heilige Stadt, und auch alle Flugzeuge, die den teureren, aber wesentlich bequemeren Weg für die mehreren Tausend Pilger aus dem ganzem Bistum darstellten, waren bis auf den letzten Platz besetzt.
Schließlich fragten sich auch alteingesessene Römer, die sonst jeden noch so euphorischen Pilgeransturm gelassen hinnehmen, besorgt, ob denn nun plötzlich wider Erwarten zitronengelbe Schals der Verkaufsschlager der neuen italienischen Herbstmode seien. Aber man konnte sie beruhigen: Es handelte sich lediglich um die vom Bistum Münster in Pilgerpaketen herausgegebenen Erkennungszeichen derer, die den Weg nach Rom angetreten hatten, um an der Seligsprechung Kardinal von Galens teilzunehmen. Und man fand sie wirklich überall: tagsüber an und in diversen Sehenswürdigkeiten; in der Lateransbasilika; auf dem Forum Romanum, im Pantheon, im Kollosseum, am Monomento Vittorio Emmanuele und natürlich im Vatikan; abends auf der Piazza Navona, der Spanischen Treppe und in Trastevere, dem ältesten und sehr urigen Viertel Roms. Wer kein Italienisch, aber Deutsch konnte, hatte es, was die Verständigung anging, in diesen Tagen in Rom nicht allzu schwer. Und überall spürte man die Vorfreude und die Euphorie, mit der so viele Menschen der Seligsprechung des „Löwen von Münster“ entgegenfieberten. Die Unterbringung war den verschiedenen Bedürfnissen und Geldbeutel der Reisenden entsprechend: Sie erfolgte vom Luxushotel bis zur einfachen Pension mit Frühstück oder, für flexible Individualisten, gar im Wohnmobil mitten im Vatikan.
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| Papst Benedikt aus nächster Nähe. Foto: Dirk Bommert |
Bereits am Donnerstag vor der Seligsprechung, dem 6. Oktober, fand in der deutschen Nationalkirche in Rom, Santa Maria dell' Anima, ein „kleines geistliches Konzert“ im Rahmen der Eröffnung einer dem Kardinal gewidmeten Ausstellung statt. Ausführende waren vor allem Musiker, die auch bei der Seligsprechungszeremonie selbst mitwirken sollten. Auch hier war bereits nicht nur geistliche, sondern auch politische Prominenz wie der Münsteraner Regierungspräsident Jörg Twenhöven, Oberbürgermeister Berthold Tillmann und die nordrheinwestfälische Landtagspräsidentin Regina van Dinther zugegen. Begleitet wurde nicht nur das Konzert, sondern alle Tage in Rom vor der Messe im Petersdom von miserablem Wetter. Römische Straßen scheinen nicht für ergiebige Regengüsse konzipiert zu sein, denn in ihnen sammelte sich beängstigend schnell eine solche Wassermenge, dass man eher vom „Waten“ als vom Flanieren durch so manchen Straßenzug sprechen konnte. Doch all dies tat der durchweg guten Laune sowohl in unserer Gruppe, als auch, wie unschwer zu erkennen war, in allen anderen Reisgruppen aus dem Münsterland keinen Abbruch.
Am Samstagmittag, dem Tag vor der Seligsprechung, hatten sich alle „Dienste“, also Messdiener, Lektoren, der Diakon und die von Galenschen Familienangehörigen, die eine Aufgabe während der Messe zu erfüllen hatten, zusammen mit einigen vatikanischen Zeremoniaren auf dem Hochchor des Petersdoms einzufinden. Schon bei diesem Üben konnte man ahnen, was es für ein Gefühl sein könne, in weniger als einem Tag bei der Zeremonie selbst über die weiten Flächen des Hochchores zu schreiten, hinter dem monströsen Petersaltar zu stehen und auf die im Petersdom versammelte Menge zu schauen. Doch noch galt es, sich auf die Anweisungen und Erklärungen der Zeremoniare zu konzentrieren, in den Kurven ordentlich und würdig nebeneinander herzuschreiten und sich nicht vom touristischen Gewusel in der Hauptkirche der Christenheit ablenken zu lassen. Zum Abschluss erhielten wir kleine Papierausweise in Postkartengröße, die uns mittels italienischer und lateinischer Aufschrift berechtigten, am Sonntag der Seligsprechung mitten durch den Vatikan und die Absperrungen im Dom in die Sakristei des Petersdoms zu gelangen. Es versteht sich wohl von selbst, dass wir, wie uns der zuständige Zeremoniar eingeschärft hatte, diese Ausweise wie unsere eigenen Augäpfel hüteten!
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| Papst Benedikt XVI. ließ es sich nicht nehmen, gegen Ende des Pontifikalamts die Gläubigen zu segnen |
Am späten Samstagnachmittag fand, auch im Rahmen der Bistumswallfahrt zur Seligsprechung, eine Vigilfeier in der Basilika San Giovanni in Laterano, kurz Lateransbasilika, statt. Vor den vielen Tausend Menschen aus dem Bistum in und vor der Kirche sprach Bischof Lettmann auch über seine persönliche Beziehung zu Kardinal von Galen. Während der Feier konnte sich schon so mancher auf die Große Messe am Folgetag einstimmen.
Und am Morgen darauf war es soweit. Die U-Bahnen, die zur Station „Ottaviano/San Pietro“ fuhren, waren schon morgens um 7.30 Uhr voll besetzt, und beim Heraustreten aus eben dieser Station präsentierte sich die Kuppel des Peterdoms dem Betrachter vor einem makellos wolkenfreien Himmel und unter der aufgehenden Sonne... Ein Bild, das sicher vielen in Erinnerung bleiben wird!
Um 9.30 Uhr begann der Gottesdienst, das zentrale Ereignis, weswegen so viele Menschen aus dem Bistum nach Rom gekommen waren. Und auch die, die den Petersdom nicht zum ersten Mal von innen sahen, staunten nicht schlecht, als viele hundert sonst unsichtbar auf der Balustrade befestigte Flutlichtstrahler die schon durch das Sonnenlicht erleuchtete Basilika in helles Licht tauchten. Die musikalische Gestaltung übernahm der Münsteraner Domorganist Thomas Schmitz, der jetzt mittels einer monumentalen Improvisation das Lied „Lobe den Herren“ zum Einzug intonierte. Für den chormusikalischen Part der Messe war die ebenfalls im St. Paulus-Dom zu Münster beheimatete Junge Domkantorei unter Domkapellmeister Andreas Bollendorf zuständig. Aber nicht nur die Musik war quasi aus Münster „importiert“, sondern auch fast das ganze Domkapitel und einige Vikare sowie viele Gemeindepfarrer aus Münster und Umgebung waren unter den Geistlichen zu finden. Weitere Bekanntheiten waren in Person von Karl Kardinal Lehmann, dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, dem ehemaligen Münsteraner Generalvikar und jetzigem Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, dem Kölner Kardinal Meisner, dem deutschen Jugendbischof und Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, Georg Kardinal Sterzinsky aus Berlin und nicht zuletzt dem Münsteraner Diözesanbischof Reinhard Lettmann zu finden, um nur einige zu nennen.
Bevor Papst Johannes Paul II die Seligsprechungen zu Beginn seiner Amtszeit kurzerhand selbst in die Hand genommen hatte, war es üblich, dass ein Kardinal diese durchführte und der Papst später am Tag der Seligsprechung zur Verehrung der Reliquien in den Petersdom kam. Diese Tradition hat nun Benedikt XVI. wieder aufgegriffen und lässt die Seligsprechungen selbst vom portugiesischen Kardinal Martins durchführen. Er ist Kardinal der Römischen Kurie, das bedeutet, dass er, wie alle anderen Kurienkardinäle auch, kein Bistum zu verwalten, sondern bestimmte Aufgaben im Vatikan zu erfüllen hat. Und eben dieser Kardinal Martins zog nun unter festlich intoniertem Orgelspiel und von vielen Konzelebranten begleitet ein. Nach Einleitungsworten des Kardinals und dem lateinischen Kyriegesang aus der „Missa de Angelis“ folgte der eigentliche Ritus der Seligsprechung.
Bischof Lettmann ließ zunächst in lateinischer Sprache verlauten, dass er „Papst Benedikt XVI die demütige Bitte unterbreitet habe, den ehrwürdigen Diener Gottes Clemens August Graf von Galen in die Schar der Seligen aufnehmen zu wollen“. Daraufhin verlas Kardinal Martins das Apostolische Schreiben, in dem der Papst der Bitte des Bischofs stattgibt und verkündet, dass von Galen „von nun an als Seliger angerufen (...) werden könne“. Nach dem folgenden Hallelujagesang sprach Bischof Lettmann noch einige Dankesworte, bevor die Messe ihren weiteren Verlauf nahm. Vor der eigentlichen Gabenbereitung fand eine Prozession zum Altar statt, bei der persönliche Gegenstände des Kardinals, unter anderem seine Mitra, zum Altar gebracht wurden.
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| Ein großer Augenblick in Martins Leben. Foto: KvG-Jahrbuch 2005/06 |
Meine persönliche Aufgabe bei der Messe war das Tragen des Weihrauchfasses. Für mich, auch als Münsteraner, war es eine sehr große Ehre, bei der Seligsprechung eines Münsteraners im Petersdom unter späterer Anwesenheit des Papstes diese Aufgabe übernehmen zu dürfen. Da ließ sich eine gewisse Nervosität nicht vermeiden. Aber alles hat reibungslos geklappt!
Nach Kommunion und Schlussgebet folgte für viele der zweite Höhepunkt des Gottesdienstes: Papst Benedikt XVI. persönlich kam, begleitet von stürmischem Applaus, Jubel und einem schwarz-rotgoldnen Fahnenmeer in die Basilika, um zunächst die Reliquien des neuen Seligen zu verehren. Vorher jedoch war es wiederum unsere Aufgabe, über die wir uns natürlich besonders gefreut hatten, vor dem Papst niederzuknien und von ihm Weihrauch einlegen zu lassen. Ich denke nicht, dass ich einem Papst noch einmal so nahe sein werde; dieser Moment war wirklich ein ganz besonderer, der sich mit Worten schwer beschreiben lässt.
Anschließend begrüßte er alle Pilger und Mitfeiernde, um schließlich seinen Apostolischen Segen zu erteilen. Nach dem Segen verließ er die Basilika wieder eilig, um pünktlich um 12 Uhr vom Fenster seines Dienstzimmers aus zusammen mit der auf dem Petersplatz versammelten Menge den Angelus zu beten. Der Rest der Geistlichkeit und der anderen am Altar versammelten Dienste zog zum von der Gemeinde feierlich in diversen Sprachen geschmetterten „Großer Gott, wir loben dich“ aus.
Für alle Anwesenden war diese Messe ein beeindruckendes Ereignis, sowohl was den Kirchenraum und die versammelten Menschenmassen angeht, aber auch die Feierlichkeit der Liturgie und der Riten waren ein einmaliges Erlebnis.
Tags darauf folgte noch ein von Bischof Lettmann zelebriertes Dankamt, das in der Kirche San Paolo fuori le mura, also „Sankt Paul vor den Mauern“, stattfand. Unter dieser Kirche, die neben dem Petersdom, der Lateransbasilika und Santa Maria Maggiore eine der vier Patriarchalkirchen Roms ist, befindet sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Grab des Heiligen Paulus, des Patrons des Domes und des Bistums Münster. Nach dieser ebenfalls sehr eindrucksvollen Messe waren die Feierlichkeiten der Seligsprechung beendet und die Pilger konnten entweder weiter ihren touristischen Interessen frönen oder sich müde, aber froh und voller imposanter Eindrücke wieder auf den Heimweg begeben.
Martin Willebrand (Abitur 2006), KvG-Jahrbuch 2005/06. Sonstige Texte: Johannes Loy, Fotos: Jürgen Peperhowe, Westfälische Nachrichten 10. 10. 2005