Am 1. Mai 1987 betete Papst Johannes Paul II. gemeinsam mit Bischof Reinhard Lettmann (l.) am Grab des Kardinals von Galen im münsterischen Paulus-Dom. Foto: Jürgen Peperhowe

Unerschrockener Streiter für das Leben

Kardinal von Galen wurde durch seinen Widerstand gegen die Nationalsozialisten weltweit bekannt

Münster. Die Nachricht aus Rom kam nicht überraschend, und trotzdem ist sie gestern mit Begeisterung, Freude und Stolz im gesamten Bistum Münster aufgenommen worden. Das Seligsprechungsverfahren für den „Löwen von Münster“, Clemens August Kardinal von Galen (1878-1946), das 1956 unter Bischof Michael Keller begann, ist abgeschlossen. Die vatikanische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen hat in einem letzten Verfahrensschritt das in Rom zur Prüfung vorgelegte „Wunder“ einstimmig anerkannt. Noch vor Weihnachten wird mit der offiziellen Verkündung (Promulgation) eines entsprechenden Dekretes durch Papst Johannes Paul II. gerechnet.
Nach seiner Rückkehr aus Rom wurde der zum Kardinal erhobene Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, am 16. März 1946 vor dem zerstörten Dom in Münster von den Domkapitularen und einer begeisterten Menschenmenge empfangen. Foto: WN 18. 11. 2004
Im Anschluss wird dann die Diözese Münster als Antragstellerin der Seligsprechung mit dem Vatikan über einen geeigneten Termin für die Seligsprechung, womöglich im kommenden Jahr, beraten. Die Seligsprechung in Rom wäre sicher die Krönung der 2005 anstehenden Feiern zum 1200-jährigen Bestehen des Bistums Münster.„
Es erfüllt das ganze Bistum mit großer Freude, dass der Diener Gottes Clemens August von Galen nach 50-jährigem Bemühen nun bald zur Ehre der Altäre erhoben werden kann“, sagte Domkapitular Martin Hülskamp, der als Vizepostulator den Seligsprechungsprozess vorantrieb. Der erste Verfahrensschritt, der so genannte Tugendprozess, war bereits im Dezember 2003 erfolgreich abgeschlossen worden. In ihm wurde dem damaligen Bischof von Münster (1933-1946) zuerkannt, die christlichen Tugenden in „heroischer Weise“ gelebt zu haben. Die „Plenaria“ (Vollversammlung) der römischen Kongregation entschied nun in einem zweiten Schritt, dass die vom Bistum Münster geltend gemachte plötzliche Gesundung des schwer erkrankten indonesischen Schülers Henrikus Nahak im Jahre 1995 als medizinisch unerklärlicher Heilungsvorgang und in der theologischen Sprache als „Wunder“ zu qualifizieren sei. Sie stützte sich dabei auf ein ebenfalls einstimmig gefasstes Urteil einer international besetzten medizinischen Sachverständigenkommission, die im Januar 2004 die Heilung als gänzlich unerklärbar einstufte. Angehörige des damals 16-jährigen kranken Jungen hatten in ihrer Not Bischof von Galen um Fürsprache angerufen.
Es ist bekannt, dass die Seligsprechung des Kardinals von Galen ein Herzensanliegen von Papst Johannes Paul II. ist. Er hatte bei seinem Besuch am 1. Mai 1987 in Münster am Grab des Kardinals im Paulus-Dom gebetet und dessen Einsatz für das Leben alter und kranker Menschen im Widerstand gegen die Euthanasieprogramme der Nationalsozialisten gewürdigt.
Johannes Loy, Westfälische Nachrichten 18. 11. 2004

Vita

16. 3. 1878 Geburt auf Burg Dinklage/Oldenburg als elftes von 13 Kindern
1890-1894 Besuch des Jesuitenkollegs in Feldkirch (Österreich)
21. 8. 1896 Reifeprüfung am Gymnasium Antonianum in Vechta
ab 1896 Studium der Philosophie/Theologie in Fribourg, Innsbruck, Münster
28. 5. 1904 Priesterweihe im Dom zu Münster
1904-1906 Kaplan von Weihbischof Maximilian Gereon Graf von Galen
1906-1911 Kaplan an St. Matthias in Berlin-Schöneberg
1911-1919 Seelsorger (Kurat) an St. Clemens Maria Hofbauer in Berlin
1919-1929 Pfarrer an St. Matthias in Berlin
1929-1933 Pfarrer an der Stadt- und Marktkirche St. Lamberti, Münster
5. 9. 1933 Ernennung zum Bischof von Münster durch Papst Pius XI.
28. 10. 1933
 
Bischofsweihe im Dom und Erster Hirtenbrief zum Wahlspruch
„Nec laudibus nec timore“
26. 3. 1934 Fastenhirtenbrief zum „Neuheidentum“ der Nationalsozialisten
14. 3. 1937 Veröffentlichung der Enzyklika „Mit brennender Sorge“
13./20. 7.,
3. 8. 1941
Predigten gegen „Klostersturm“ und Euthanasie
 
10. 10. 1943 Schwere Bombenangriffe: Bischöfliches Palais zerstört
12. 9. 1944 Umzug nach Sendenhorst
31. 3. 1945 Einzug der Amerikaner in Sendenhorst
21. 2. 1946 Berufung in das Kardinalskollegium
16. 3. 1946 Triumphaler Empfang in Münster, Ernennung zum Ehrenbürger
19. 3. 1946 Schwere Erkrankung, Operation, Empfang der Krankensalbung
22. 3. 1946 Todestag
28. 3. 1946 Beisetzung im Dom
10. 7. 1956 Beantragung des Seligsprechungsprozesses
22. 10. 1956 Offizielle Annahme durch Bischof Dr. Michael Keller
1. 5. 1987 Papst Johannes Paul II. betet am Grab
Quelle: Bischöfliche Pressestelle, zit. nach MZ 18. 11. 2004

Der „Löwe von Münster“

Clemens August Graf von Galen wird selig gesprochen

Rom. Die „hohe Wahrscheinlichkeit“ hat sich bewahrheitet: Clemens August Graf von Galen wird selig gesprochen. Die Vollversammlung der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsangelegenheiten hat am Dienstag (16.10.2004) im so genannten „Wunderprozess“ positiv entschieden.
Nach dem bereits im Dezember 2003 der Tugendprozess abgeschlossen worden war, steht nun lediglich die Promulgation dieses einhelligen Beschlusses der Kongregation in einer öffentlichen Audienz durch Papst Johannes Paul II. aus. Diese Bekanntgabe geschieht vermutlich einige Tage vor dem Weihnachtsfest.
Die vatikanische Kongregation hatte einstimmig entschieden, dass der von der Diözese Münster geltend gemachte Heilungsvorgang an dem jungen indonesischen Schüler Henrikus Nahak im Jahr 1995 medizinisch unerklärlich und unter theologischen Gesichtspunkten als Wunder zu werten ist. Etwa ein Jahr nach dem Tugendprozess ist es der Diözese Münster unter Federführung des Vize-Postulator Domkapitulars Martin Hülskamp damit gelungen, den zweiten Verfahrensschritt erfolgreich zu beenden.
„Das Bistum weiß sich all jenen dankbar verbunden, die sich als Zeugen oder als andere Beteiligte in dem Verfahren für die Seligsprechung engagiert haben“, äußerte sich Hülskamp direkt nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Er hob dabei das langjährige Mitwirken des emeritierten Domkapitulars Paul Hellbernd hervor, von dem er die Aufgabe des Vizepostulars vor acht Jahren übernahm.
In Rom wurde das Verfahren von Anwalt Dr. Andrea Ambrosi betreut. Besonderen Dank sprach Hülskamp auch dem deutschen Kurienerzbischof Paul Josef Cordes, der auch Mitglied der Selig- und Heiligsprechungskongregation war und seinen Kollegen in der abschließenden Sitzung einen Entscheidungsvorschlag gemacht hat. „Dieser war offenkundig so überzeugend, dass alle Mitglieder diesem Vorschlag zustimmen konnten.“ Auch der deutsche Dominikanerpater Ambrosius Eszer habe den Fall in der Kongregation viele Jahre mit großem Engagement und tiefer Überzeugungsgabe betreut.
Das Bistum Münster darf nun als Antragssteller in diesem Verfahren beim Vatikan die Bekanntgabe eines Termins für die Seligsprechungsfeiern in Rom erbitten. “Die Feiern werden zweifelsohne auf besondere Aufmerksamkeit im kirchlichen Bereich, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene treffen“, meinte Hülskamp. Aber auch in der Politik und in anderen Teilen der Gesellschaft sei das Gedenken an den „Löwen von Münster“ und seine klare Haltung in Fragen der unangreifbaren Würde menschlichen Lebens in allen Lebensphasen ein aktuelles Element.
Michael Bönte, www.bistum-muenster.de, 17. 11. 2004

„Er wird wichtiger für unsere Schule“

von Galen-Gymnasiasten zur Seligsprechung

Denkmal am Dom zu Münster. Foto: Michael Bönte
Münster-Hiltrup. „Er war eine große Persönlichkeit“, lobt Saskia Oltmanns, Schülerin der Jahrgangsstufe 13 des Hiltruper Kardinal-von-Galen-Gymnasiums (KvG), als sie erfährt, dass der Namensgeber ihrer Schule im kommenden Jahr selig gesprochen werden soll. Sein Wirken zeige, dass die Kirche nicht einfach alles unterschreiben dürfe, was der Staat vorgebe.
„Er wird wichtiger für unsere Schule“, findet Sarah Sadowski aus der 9d des KvG. Und ihre Freundin Stephanie Schlößer, ebenfalls 9d, hofft, dass das Hiltruper Gymnasium im Zuge der Berichterstattung um die Seligsprechung vielleicht auch mal erwähnt werde.
Marcus Arning aus der Jahrgangsstufe 12 der Schule kann sich mit dem Kardinal „ein bisschen“ identifizieren, insbesondere mit seinem Aufbegehren gegen die Nazis. „Er hat es auf jeden Fall verdient“, betont Zwölftklässlerin Katja Strukamp nach dem Hinweis auf die bevorstehende Seligsprechung von Galens. „Es wird auch langsam Zeit“, findet Marina Schwuntek, ebenfalls aus dieser Klasse 12.
„Das finde ich richtig gut. Er war ja schon ein guter Kardinal“, sagt Philipp Kester Niemann aus der 5b, als er von den Plänen des Vatikans hört. Auch KvG-Abiturientin Kristin Woltering gefällt die anstehende Seligsprechung des Kardinals „weil er viel Gutes getan hat - speziell in der NS-Zeit“. „Positiv finde ich es auf jeden Fall“, lobt schließlich auch Elftklässler Camillo Grewe die jetzt verkündetete Seligsprechung. „Für mein schulisches Leben wird sich nichts ändern“, glaubt er aber auch.
Jan Schneider, Münstersche Zeitung 18. 11. 2004