Literaturtreff 2002/03


21.5.
2003
Das Fest des Ziegenbocks. Deutsch von Elke Wehr. Suhrkamp 2002
Der Polit-Thriller erzählt die Geschichte des dominikanischen Diktators Rafael Leonidas Trujillo, genannt „ Der Ziegenbock“, der nach einem Militärputsch von 1930 bis 1961 das Land seiner Schreckensherrschaft unterwarf. Von den USA wurde er als Bastion gegen den Bolschewismus in der Karibikregion gestützt. Jn drei parallel laufenden Erzählsträngen schildert der Autor die letzten Wochen des Diktators, bevor er einem Attentat zum Opfer fiel: die Ereignisse im engsten Umfeld, die Planungen der Verschwörer, schließlich die Erinnerungen der Tochter des damaligen Senatspräsidenten Cabral. Dieser hatte dem alternden Macho Trujillo seine l4jährige Tochter Urania als Beweis seiner Ergebenheit zur Verfügung gestellt.
Mit meisterhafter Präzision beschreibt Vargas Llosa die standig unter Hochspannung stehende Atmosphäre im Umfeld des Diktators, die allgegenwärtige Angst vor der Willkür des Tyrannen ebenso wie die blühende Günstlingswirtschaft mit ihren Intrigen. - Ein ebenso bedrückender wie erhellender Einblick in die Funktionsmechanismen eines diktatorischen Systems, einer Welt, in der es keine Werte mehr gibt als den Willen zur Macht.
Mario Vargas Llosa, geboren 1936 in Arequipa/Peru, studierte Geistes- und Rechtswissenschaften in Lima und Madrid. Bereits während seines Studiums schrieb er für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen und veröffentlichte erste Erzählungen, ehe 1963 sein erster Roman Die Stadt und die Hunde erschien. Der peruanische Romanautor und Essayist ist stets als politischer Autor aufgetreten und ist damit auch weit über die Grenzen Perus hinaus sehr erfolgreich. Zu seinen wichtigsten Werken zählen Das grüne Haus, Das Fest des Ziegenbocks, Tante Julia und der Schreibkünstler und Das böse Mädchen.
Vargas Llosa ist Ehrendoktor verschiedener amerikanischer und europäischer Universitäten und hielt Gastprofessuren unter anderem in Harvard, Princeton und Oxford. 1990 bewarb er sich als Kandidat der oppositionellen Frente Democrático (FREDEMO) bei den peruanischen Präsidentschaftswahlen und unterlag in der Stichwahl. Daraufhin zog er sich aus der aktiven Politik zurück.
Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 1996 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2010 den Nobelpreis für Literatur. Heute lebt Mario Vargas Llosa in Madrid und Lima. www.suhrkamp.de
5.2.
2003
Sommer der Züge. Deutsch von Thomas Gunkel. Rowohlt 2000
Im Sommer 1943 entschließen sich Anne und James Langer, ihre Stadt zu verlassen, um James' todkranken Vater in seinem Strandhaus auf Long Island zu pflegen. Diese Entscheidung fallt ihnen umso leichter, als sie möglicherweise die Chance bietet, James' kürzliche Affäre mit einer Schülerin und die darauffolgende Entlassung zu verarbeiten. Meilenweit entfernt wird im Krieg ihr Sohn Rennie schwer verwundet...
„Sommer der Züge“ ist eine sensible, romantische Geschichte von der Liebe und dem vielfältigen Verrat an ihr, von Glücksverheißung und harter Lebenswirklichkeit, von Schuld und Vergebung. Stewart O'Nan zeigt die gefährdete Existenz seiner Figuren mit tiefer Einsicht in die menschliche Seele. Sein souveräner Umgang mit Sprache, seine Fähigkeit, auch das Unausgesprochene hinter den Worten sichtbar werden zu lassen, machen diesen Roman zu einem Meisterwerk.
Stewart O’Nan (* 4. Februar 1961 in Pittsburgh, Pennsylvania) ist ein amerikanischer Schriftsteller. Er studierte zuerst in Boston, arbeitete 1984 bis 1988 als Flugzeugingenieur in Bethpage, New York, ging dann an die Cornell University und machte dort einen Abschluss in Literaturwissenschaft. Er unterrichtete an den Universitäten Central Oklahoma, New Mexico und am Trinity College in Hartford (Connecticut) und zog schließlich 1995 mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Avon (Connecticut).
Für seinen Roman Engel im Schnee, der im Spätherbst 1974 in Butler, einer Kleinstadt im Westen Pennsylvanias, spielt, erhielt er 1993 den Pirate’ Alley Faulkner Prize. www.wikipedia.de
6.11.
2002
Der Liebeswunsch. btb 2002
Marlene hat ihren Mann Leonhard vor Jahren verlassen, um mit seinem besten Freund Paul, einem Chirurgen, zusammenzuleben. Nicht ohne Mühe ist es diesen drei Menschen gelungen, die Verletzungen und Kränkungen aus dieser Zeit zu überwinden und ihren Freundschaftsbund zu erhalten. Da kommt Anja ins Spiel, eine „fortgeschrittene Studentin“, die mit ihrer Magisterarbeit und ihrem Leben nicht zurechtkommt...
Der tiefgründige Roman ist einerseits ein spannendes Psychogrannn über einen fragilen Freundschaftsbund und andererseits das ungeheuer treffend gezeichnete Porträt einer jungen, unsicheren Frau, die an dem zerbricht, was sie für wahre Liebe hält.
Dieter Wellershoff (* 3. November 1925 in Neuss) ist ein deutscher Schriftsteller. Wellershoff ist ein bedeutender deutschsprachiger Essayist der Gegenwart, der sich vor allem immer wieder literaturtheoretischen Themen gewidmet hat. Daneben umfasst sein Werk Romane, Erzählungen, Drehbücher und Hörspiele.
Dieter Wellershoff wuchs in Grevenbroich auf. [...] Er ist mit Maria geb. von Thadden verheiratet, einer [...] Halbschwester von [...] Reinold von Thadden (1891-1976), dem Gründer des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
Nach Kriegsende holte er sein Abitur nach und studierte ab 1947 an der Universität Bonn Germanistik, Kunstgeschichte und Psychologie. 1952 promovierte er über Gottfried Benn. Von 1952 bis 1955 arbeitete er als Redakteur bei der vom Verband Deutscher Studentenschaften herausgegebenen "Deutschen Studentenzeitung", danach als freier Autor und ab 1959 im Lektorat des Verlages Kiepenheuer & Witsch in Köln.
Seit 1981 lebt er als freier Schriftsteller in der Kölner Südstadt. Wellershoff nahm ab 1960 an Tagungen der Gruppe 47 teil. 1965 initiierte er einen „neuen Realismus“; die daraus hervorgegangene lockere Gruppierung wurde unter dem Namen „Kölner Schule“ bekannt. Wellershoff erhielt zahlreiche Berufungen als Lektor, Gastdozent und Writer-in-Residence an in- und ausländische Hochschulen. Er ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz und des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. www.wikipedia.de
4.9.
2002
Die Entdeckung des Himmels. Deutsch von Martina den Hertog-Vogt. Rowohlt 1995
Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zweier niederländischer Wissenschaftler, über eine Frau zwischen zwei Männern, über die aufmüpfigen sechziger, die pragmatischen siebziger und die windigen achtziger Jahre und über den langen Nachhall der Kriegs- und Nachkriegszeit; schließlich auch über ein eigenwilliges Kind, das einen merkwürdigen "Auftrag" hat, über einen Astronomen und Don Juan, der nie zur Ruhe kommt, und über ein Sprachgenie, das in der Politik Karriere macht - kurz: eine Lektüre, die viel Stoff bietet, sich unterhaltsam mit Zeit- und Lebensproblemen auseinander zu setzen.
Harry Mulisch, geboren am 29. 7. 1937 in Haarlem, ein Sohn österreichisch-deutscher Eltern, schreibt seit 1952 Romane und andere literarische Werke, in denen oft das Abgründige und Irrationale in die Alltäglichkeit der Konventionen und das Leben des einzelnen einbricht. Mit seinem Roman „Attentat“ gelang ihm der internationale Durchbruch. Der Roman „Die Entdeckung des Himmels“ stand monatelang auf der Bestsellerliste.