Literaturtreff 1994/95


21.6.
1995
Das Spiegelbild. btb 1991
Zwei Frauenschicksale und ein Brückenschlag über Jahrhunderte: Kunstvoll verknüpft Irina Koorschunow das Leben der Annette von Droste-Hülshoff, der Dichterin aus der Biedermeierzeit, mit dem von Amelie Treybe, der Journalistin von heute. Im Spiegelbild Amelies, die, zermürbt von den Wechselfällen der Liebe, mit gestutzten Flügeln der Freiheit entgegenzufliegen sucht, erscheint das wunderlich verrückte Leben der wilden Muse ihm zu engen Korsett, die mit ihren schönsten Gedichten in der Nachwelt lebt, aber ihr eigenes Lebensglück versäumte. www.libri.de
Irina Korschunow, geboren und aufgewachsen in Stendal, veröffentlichte zahlreiche erfolgreiche Romane, darunter „Glück hat seinen Preis“ (1983), „Der Eulenruf“ (1985), „Das Spiegelbild“ (1992), „Ebbe und Flut“ (1995), „Von Juni zu Juni“ (1999) und „Das Luftkind“ (2003). Darüber hinaus ist sie eine der bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen; ihre Bücher wurden in mehr als zehn Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Sie lebt in der Nähe von München. www.hoca.de
29.3.
1995
Hiob. (Erstmals veröff. 1930) dtv
Wir werden in das einfache Leben einer jüdischen Familie geführt, das uns mit seinen ganz alltäglichen Problemen und Tragödien erschüttert. Mendel Singer ist die Reinkarnation des biblischen Hiob im 20. Jahrhundert. Wie dieser muß er die Prüfungen Gottes erdulden. Seine Frau und zwei seiner Kinder sterben, bei der Emigration in die USA muß er seinen behinderten Sohn zurücklassen und schließlich mit ansehen, wie seine Tochter ins Irrenhaus eingeliefert wird. Gebeugt von seinem schweren Los hadert er mit Gott und verliert allen Lebensmut, doch da erscheint eines Tages eine fast wundersame Umkehr des Schicksals. Anne Hauschild, www.amazon.de
Joseph Roth, Kind jüdischer Eltern, kam aus Schwabendorf bei Brody im damals österreichischen Galizien. In eine Zeit der Umbrüche und des grassierenden religiösen Nihilismus hineingeboren, charakterisierte er sich selbst so: „Ich bin ein Franzose aus dem Osten, ein Humanist, ein Rationalist mit Religion, ein Katholik mit jüdischem Gehirn, ein wirklicher Revolutionär.“ Der Kontrast im heimatlichen Brody, in dessen Bildungsinstitutionen er die großen Denker der europäischen Aufklärung genauso kennen lernte wie die eingeschworene Glaubenstraditionen der Ostjuden, wurde zur Lebensfrage seines ganzen Werkes: skeptischer Rationalismus, gläubiger Traditionalismus? Zwischen diesen beiden Polen lag der Maßstab seiner Weltsicht.
Der legendäre, nur eineinhalb Jahre überdauernde Neue Tag in Wien, der Vorwärts, die Frankfurter Zeitung, deren Feuilleton er zeitweilig leitete, die Prager Zeitung brachten seine Feuilletons, seine Elegien und Polemiken, seine Literaturbesprechungen, seine Länderreportagen über Polen, Italien, Albanien, und seine Gedichte. www.sueddeutsche.de
24.11.
1994
Eine Hand voller Sterne. dtv 1995
Über mehrere Jahre hinweg führt ein Bäckerjunge in Damaskus ein Tagebuch. Es gibt viel Schönes, Poetisches und Lustiges zu berichten, aber auch von Armut und Angst erzählt er.
Er schildert seinen Vater, den Bäcker, seine Mutter, die Meisterin im Handeln auf dem Basar, seine kleine, pfiffige Schwester Leila. Er erzählt von seinen Freunden und natürlich von Onkel Salim, dem alten Kutscher, der die herrlichsten Geschichten weiß.
Eines Tages wird sein Vater bei einer willkürlichen Verhaftungswelle von der Polizei abgeholt und gefoltert. Dies bestärkt den Jungen in seinem Traum, ein Journalist zu werden, der gegen Ungerechtigkeit und politische Verfolgung kämpft.
Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren. 1971 kam er nach Deutschland, studierte Chemie und schloss das Studium 1979 mit der Promotion ab. Heute lebt er in Kirchheimbolanden (Pfalz). Schami zählt zu den bedeutendsten Autoren deutscher Sprache. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet und in 24 Sprachen übersetzt. Seit 2002 ist Rafik Schami Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. www.dtv.de
10.8.
1994
Weh dem, der aus der Reihe tanzt. Fischer
Nach „Ordnung ist das ganze Leben“, der Geschichte seines Vaters, hat Ludwig Harig mit „Weh dem, der aus der Reihe tanzt“ seine eigene Geschichte als Junge und junger Mann im Dritten Reich geschrieben. Aufgewachsen in einem kleinbürgerlichen, dörflichen Umfeld mit seinen nationalen Klischees und schlagwortartigen Gewißheiten und spätestens vom ersten Schultag an auf das Bedürfnis dazuzugehören geeicht, wird der Handwerkersohn Ludwig wie selbstverständlich zum begeisterten Hitlerjungen. Harigs Erinnerung beschönigt nichts. Wie war es möglich, daß aus harmlosen Kindern kleine Verbrecher wurden, stumpfsinnige Herdentiere, zu unmenschlichem Haß fähig? Das Leiden an der eigenen Biographie, das Ludwig Harig im Bekenntnis seiner Erinnerungen ausbreitet, ist nicht Pose, sondern eine phantastisch klare Bestandsaufnahme. ...Ludwig Harigs Bilanz der frühen Jahre ist ein Lehrstück aus der Vergangenheit. Sein Ziel aber ist die Zukunft. Stuttgarter Nachrichten
Ludwig Harig, 1927 in Sulzbach im Saarland geboren, arbeitete zunächst als Volksschullehrer, seit 1974 als freier Schriftsteller. Neben literarischen Texten und Übersetzungen brachte er Mitte der sechziger Jahre die Erfahrungen des experimentellen Autors ins 'Neue Hörspiel' ein und entwickelte sich zu einem der wichtigsten Erneuerer dieser Radiogattung. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Marburger Literaturpreis, dem Hörspielpreis der Kriegsblinden und 1994 mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis. www.perlentaucher.de