Abiturfeier 1989


Überreichung der Abiturzeugnisse
10.30 Uhr in der Aula des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums

Musikalischer Beitrag As Time Goes By (aus: Casablanca)
für Altsaxophon und Gitarre
Detlef Dieckmann
Stefan Jaunich
Begrüßung Schulleiter OStD Borgmann
Musikalischer Beitrag J. S. Bach: Konzert a-Moll für Violine und Klavier, 2.Satz: Andante Antje Omland
Martin Kumpmann
Ansprache Vertreter der Abiturientia Antje Omland
Detlef Dieckmann
Musikalischer Beitrag M. Giuliani: Große Serenade op. 82 für Querflöte und Gitarre, Thema und Variation 3 Cathrin Gawlista
Stefan Jaunich
Ansprache Vertreter der Elternschaft Herr Gawlista
Musikalischer Beitrag Georg Philipp Telemann: Largo e-Moll für zwei Querflöten Simone Nolte
Katrin Stein
Ansprache Jahrgangsstufenleiter OStR Kaspar
Musikalischer Beitrag Miles Davis: Groovin' heigh
für Altsaxophon und Gitarre
Detlef Dieckmann
Stefan Jaunich
Überreichung der Zeugnisse
Empfang

Abschied von Abiturienten mit humoriger Ansprache


Nach neun Jahren war es für die Schüler so weit: Schulleiter Alfons Borgmann übergab am Samstag 71 Abiturienten des KvG die Abschlußzeugnisse.

Foto links: td, WN 29.5.89; oben: Schmidt, MZ 29.5.89
Münster-Hi1trup. „Reifezeugnis“ steht in großen Lettern über dem Punktewirrwarr. Doch reif wozu? Schulleiter Alfons Borgmann gab den 71 Abiturienten bei der Entlaßfeier des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums die Antwort: ;,Sie sind jetzt zur wissenschaftlichen Arbeit befähigt. Aber: All diese Punkte sagen nichts aus über so wichtige Dinge wie Kreativität, Phantasie und Persönlichkeit.“
Überhaupt, so monierte Borgmann, habe sich die Aussagekraft des Abiturzeugnisses in der Geschichte enorm gewandelt. Durch die differenzierte Oberstufe würden individuelle Fähigkeiten einfach in ein Punkteschema gepreßt. Und gerade hier sahen die beiden Schülervertreter Antje Omland und Detlef Dieckmann bei der feierlichen und harmonischen Abschiedsfeier die Aufgabe der Lehrer.
Vielmehr müsse Schule, so der Grundtenor der beiden, die ihren spritzig-ironischen Vortrag in einen feurigen Dialog verpackt hatten, Freiraum für außerschulische Aktivitäten und Neigungen lassen. Betriebspraktika für Schüler, Schülertheater oder Schülerkonzerte seien der richtige Weg, um diese Fähigkeiten mit dem Schulalltag zu verbinden.
Chancen für eine individuelle Entfaltung der Abgänger sah Elternsprecher Klaus Gawlista. „Die Zukunft bietet heute ein breites Spektrum an Möglichkeiten“, deutete er darauf hin, daß das Abitur nicht gleichbedeutend mit einer akademischen Laufbahn sei. Ob Ausbildung oder Unibesuch - heutzutage sei beides selbstverständlich geworden und schließe sich nicht gegenseitig aus.
Einen interessanten Einblick „hinter die Kulissen“ gewährte Beratungslehrer Ulrich Kaspar in seinem flapsig-heiteren Rückblick à la Tegtmeier. Egal ob „diffizile Oberstufe“, „Prima, Oberprima“, „humoristisch-humanistisches Gymnasium“ oder „moderne Komplikationstechniken“ - Kaspar verstand es, so manch kurioses Kultusministerkauderwelsch in die „Sprache des kleinen Mannes von nebenan“ zu entschlüsseln.
In seiner pfiffigen Ansprache erinnerte der Jahrgangsstufenleiter auch an die ein oder andere Unterrichtssituation. Fazit von Ulrich Kaspar: „Die 13 ist eine Mischung aus Dornröschenschlaf und ständigem Weihnachten!“
Besonderes Lob ernteten die Organisatoren der Entlaßfeier von Schulleiter Alfons Borgmann. „Statt eines Abschieds für die Abiturienten ist es ein Abschied von den Abiturienten geworden“, hob er die reibungslose Feier, die die Pennäler selbst auf die Beine gestellt hatten, hervor.
Anerkennung und Applaus gab es aber vor allem für die Solisten der Jahrgangsstufe 13, die den Festakt mit der anschließenden Zeugnisübergabe und dem Empfang musikalisch untermalten.
td, Westfälische Nachrichten 29. 05. 1989

Abiturrede 1989 à la Jürgen von Manger


Liebe ... Herrschaften!


Ich möchte heute einmal Abiturrede ganz anders... kundtun...
Wat is Abitur? Ich hab mal de Lateinkollegen gefragt, dat sind ganz große Koniferen auf diesem Gebiet, und sagen die, Abitur bedeutet: Man geht ab! Also Herrschaften, wat soll man da sagen? Find ich richtig unfreundlich! Und is bestimmt nich de feine Art, ein Schüler zu verabschieden, der doch immerhin de Schule 9 Jahre (oder länger) de Treue... alles ausgehalten hat!
Nun hab ich mir aber sagen lassen, in Wirklichkeit is Abitur doch nich so schlimm, sondern eine wertneutrale Bezeichnung! Im Gegensatz zu früher, da hieß dat nämlich de Reifeprüfung und hatte dat noch ein Wert! Oder sogar ganz früher (in ein alten Buch) de sittliche Reife! Kann man mal sehen: Zuerst wurde das Sittliche.. abgeschafft, und dann fingen de Leute wohl am Überlegen, wozu und für wat...de Schüler überhaupt reif sein sollten, und... hamse wohl nix gefunden... und hat ja sowieso... kein Wert - wie gesacht - und deshalb also dieses Wertneutrale! Und will man de Schüler ja wenigstens vergönnen!
Überhaupt war ja früher ganz anders... Liebe Abitur-Entinnen und -Enten, ihr wisst ja, dass unsere Schule schon de 40. Geburtstagsfeier hinter sich hat, is also eine Dame im... besten Alter, dat heißt, noch jung natürlich... also jung schon... aber nicht richtig... weiß ich auch nicht... jedenfalls, in so ein langen Leben passieren einem auf de alten Tage schon mal so Abenteuer wie diese Geschichte mit de diffizile Oberstufe nach dem Kamika-Modell!
Muss ich jetzt erklären: Dieser Kamika ist in Wirklichkeit so ein Kultus-Minister-Kollege (oder nicht richtig, sondern nur eine Abkürzung für), d. h. der Mann, der diese Schulen so alles... unter sich hat, und sitzt er immer an sein Schreibtisch und isser an Überlegen, wat er in de Schulen noch für neue Stückskes... reinbringen kann, und kriegen de Lehrer dat immer rechtzeitig mitgeteilt, meistens in de großen Ferien, wenn der Stundenplan schon fertig ist. Aber macht nix: jedenfalls hat der Mann dat prima hingekriegt!
Aber - wie gesacht - war nicht immer so, sondern in ihre heiße Jugendphase war unsere Schule bekanntlich nicht so diffizil, sondern ein richtig schönes humoristisches Gymnasium mit Internat und ganz strenge Regeln! Z. B. de Hausordnung! Nämlich wenn da mal ein Schüler die Anordnung des Lehrkörpers nicht Folge... also dat er schon mal so ein Lehrkörper ärgerte - vielleicht de Treppe runterschuppste - diese Sachen... Mann, Junge, dann konnte aber sein, dat der sich im Karzer wiederfand oder dat se ne im Verlies... runterließen!
Aber wat dat Schlimmste war: Früher gab es ja keine Mädchen... d. h. draußen wohl schon, is klar - aber in diesen humoristischen Gymnasium nich - waren die schön alles abgeschafft! Nich so wie heute, de Liebespaare in de Pausenhalle, nix zu machen! Dagegen heute... hat sich der Kamika mit de Entmannzipation... ausgedacht... also dat de Mädchen auch schon mal... dabei sein dürfen... schon mal wat sagen dürfen... und hat man richtig gemerkt in diesen Physik LK! Da waren nämlich außer mehrere Jungen schon 1 ganze Frau drin und kann man mal sehen, wat dieser Kamika da alles erreicht hat!
Manches is allerdings auch schlechter geworden als früher - Herrschaften, jedes Ding hat zwei Kehrseiten! Z. B. mit de Abiturklassen. In frühere Zeiten hießen die ja Prima, sogar Oberprima, kennt man heute leider nur noch bei de Käsereklame! Dagegen heute geht dat nur noch nach Nummern (wohl wegen de Computer, hört man ja heute oft) und heißt dat schlicht und einfach de 13! Muss man schon sagen, is keine schöne Zahl, manche Leute glauben sogar, ne Unglückszahl, und haben wir ja nur ein fehlenden 13. Teller diesen berühmten Dornröschenschlaf zu... also dat der richtig schön am Rollen kam! Übrigens sind wir wieder beim Thema, nämlich bei Dornröschenschlaf fallen mir sofort die Leute ein, die in ein gewissen Ek-Leistungskurs auffe Fensterseite saßen!
Auch sonst ist die 13 eine komische Zahl! Sind Se mal ehrlich: wer kann sich schon einen 13. Monat vorstellen? Sehnse: keiner! Dagegen... mit ein 13. Monatsgehalt wäre dat eventuell schon eher möglich - zu Weihnachten!
Fassen wir zusammen: "13" ist eine Mischung aus Dornröschenschlaf und ständige Weihnachtsfeiern! Und - Herrschaften - dann is natürlich kein Wunder, dass de Leistungen schlechter werden, hört man ja heute immer wieder!
Nämlich früher, da haben de Schüler echt noch wat geleistet, ährlich! Konnten die noch auf Latein richtige Reden schwingen - und sogar verstehen - und hatten die auch ein Grund für! Also erstens de Leistung, und zweitens der Grund! Nun hat sich da dieser Kamika überlegt - vor allem, nachdem der Schulstress... noch eingeführt wurde - dass dat wohl bissken zuviel auf einmal is, und hat er de Gründe und de Leistungen getrennt, und gibt es darum heute de Grundkurse und de Leistungskurse.
In de Grundkurse, da sitzen die Schüler, die hätten wohl ein Grund für wat zu leisten, aber - wie gesacht. Dagegen in de Leistungskurse is genau umgekehrt! Nämlich da kann wirklich schon mal sein, dass ein Schüler auch ganz ohne Grund... oder wolln mal so sagen: in de Leistungskurse können die Schüler auch ohne Grund ... können die sich alles leisten. Und kommt alles von diesen Kamika und de Entmannzippation und de diffizile Oberstufe… die 3 Sachen!

Aber die dollste Sache bei diesem Kamika sind de Noten! Also de Noten sind wirklich die Wucht, oder - um es mit dem bekannten Sprichworte... kundzutun - de Noten sind dieser berühmte ... Tropfen auf den heißen Stein... der dat Pulverfass... die Krone ausschlägt. Is wirklich schlimm!
Früher gab's ja "gut" und "sehr gut", und der Rest... kriegte auch schon mal "ungenügend", wusstense, wie se dranwaren. Aber nun sind auch hier de moderne Komplikationstechniken... zugange... jedenfalls geht auch dat nur noch nach Nummern, aber dat Schlimmste is: früher hatten ja die Besten 'ne 1, dagegen landen heute de Besten erst mal auf Nr. 15. Fragense mal ein Schlagersänger, wat er sacht, wenn der in diese Hitliste plötzlich auf Nr. 15 runterrutscht - steht er ganz schön belämmert da!
Nun gibt es aber auch schöne Methoden, um sich in diese Hitliste wieder hochzuarbeiten! Braucht ja ein Schüler nur ein ganz fiesen Lehrer zu haben - wie se z. B. an andere Schulen vorkommen - und dann kann wohl schon mal sein, dat er mit diesen Dichterworte... von diesen Johann Wolfgang... bewenden lässt... und is eine sichere Methode für auf de Hitliste nach oben zu rutschen!
Vielleicht schafft er dann bis Platz 1 oder sogar - hat sich der Kamika als extra Masche ausgedacht - Platz 0 (mit 0 Punkte)! Nämlich, wer 0 Punkte schafft, dat is der berühmte Nullbock (hört man ja heute oft) und darf er zur Belohnung noch 1 Jahr in de diffizile Oberstufe verweilen! Aber nur 1 Jahr! Denn sonst könnte ja jeder kommen! Is natürlich alles geregelt mit de Verweildauer! Nämlich der §1 der Versetzungsordnung darf ich nur 4 Jahre in de diffizile Oberstufe verweilen dann is Feierabend! Und kommt alles von diesen Kamika und de Entmannzippation, wie gesacht!
Man glaubt es nicht - aber es gibt auch Schüler, die wollen gar nicht verweilen - ich hab mir sagen lassen, dat kommt von diese akadämliche Ausbildung und für diesen numerus claudius zu überspringen, brauchen die sogar eine möglichst hohe Platznummer in de Hitliste, z. B. 15! Und mit diese hohe Zahlen muss man viel rechnen, und lernen die dafür heute in de Mathematik dieses Differenzieren und Intrigieren. Nun soll dat eine Rechenart sein, wo man ein Maximum finden muss und schaffen die dat schön bei den Zahlen zwischen 0 und 15!
Dat geht mainzwegen so: Nehmwamal an, ein Schüler hat in Deutsch 6 und in Englisch 7 Punkte, dann kommt er mit seine Englischpunkte zu den Deutschlehrer anmarschiert und sagt er: Kuckensemal Ihren Kollege! Der gibt viel bessere Noten, und überhaupt versteh ich gar nicht, wieso ich nur 6 Punkte habe! Wo ich doch immer so gut mitmache und brauch ich doch auch für diesen numerus claudius - wie gesacht!
Nun kann wohl sein, dass der Deutschlehrer sich nix von annimmt, aber manchmal kommt auch vor, dass er... Mensch bleiben... will, und gibt er 2 Punkte zu. Mit diese 8 Punkte geht der Schüler nun zu den Englischlehrer usw., und wenn er alle Lehrer durch hat, fängt er bei Deutsch wieder an... aber jetzt auf eine höhere Stufe! Is wie eine Spirale, und nennen de Pädagogen dat auch de Spiral-Methode. Dat Schlimme is nur, dat de Schüler manchmal am Zittern fangen und denken: "Mann, Junge, hoffentlich erzählt jetzt nich ein Lehrer dem andern!"
Nun wird ja leider nich alles benotet, z. B. der menschliche Verkleidungstick, dabei könnten manche da doch schnell auf de 15 Punkte kommen! War doch da bei der Berlinfahrt bei de Mädchen so eine Gruppe gleichgesottener... also, wo dat gleiche Verlangen drin brennt, nach de flotte Kostüme, und am ersten Tag gleich nix wie ab inne Budike und rein in Omas Klamotten mit de Spitzenblüschen! Überhaupt muss ich sagen, liebe Abitur-Entinnen und -Enten, Ihr seid richtig gut - eigentlich schon mehr Profis - in diesen Rizeikling, also... dat man alte Klamotten organisiert, de Umwelt zuliebe! Oder dat Rizeikling mit de alternaive Kunstwerke! Herrschaften, ich weißet nich, ich weißet nich! 20 m weiter de schönste Müllcontainer, nur halbvoll, aber nee: müssen die den ganzen Müll in de Schule im Flur aufhängen! Diese Arbeit! Und direkt vorm Lehrerzimmer! Aber hatte wohl kein Wert: war kein Kollege da, der noch ein alten Maschendraht fürn Karnickelstall brauchen konnte, auch kein kaputten Regenschirm, nich mal zum Klümkes fangen beim Karnevalszug!
Trotzdem - nix zu machen - am letzten Schultag wurde gleich feste weiter rigezeikelt - nämlich mit de viele gestapelte Pappkartons! Also, Herrschaften - war schon richtig diese alternaive Kunst am Bau, oder schon mehr an Achteck, und einige sind da wohl in ihre 9 Jahre Schulzeit mal so richtig am Arbeiten gekommen! Musste ja auch mal sein! Und is auch eine schöne Leistung - v. a. in ein leicht angeheiterten Zustand! Ja überhaupt - am letzten Schultag: Jim Knopf und de wilde 13 is gar nix gegen dieses wilde Frühstück mit de echt starke Lollipop-Einlage - hat mir richtig schön gefallen - und de quergestreifte Anzüge - wie hatte ich doch zu Anfang gesagt? Abitur heißt: man geht ab - und wird entlassen - auch de Gefangenen!
Leider wird ja der Zahn der Zeit, der so manche Träne trocknet, auch über diese Begebenheiten... Gras wachsen lassen! Aber hoffe ich trotzdem, liebe Abitur- Entinnen und -Enten, dat Se noch oft an Ihre Schule erinnern und mal - als Ehemalige - vorbeikucken, und möcht ich bedanken, besonders die Vorbereitungsgruppe und alle, die mitgeholfen haben, und wünsche ich alle ein schönes... Leben.
Ja, alles, wat so zu erzählen war, hab ich nun schön... aufgesagt und... Thema beendet!
Ulrich Kaspar