Alexander Scherer als Lehrer Ben Ross im Gespräch mit seiner Frau, dargestellt von Samira Amancada. Foto: rox

Und plötzlich Teil des Systems

Theaterstück in der KvG-Aula

Münster-Hiltrup. „Kann so etwas noch einmal passieren?“, fragt eine Schülerin. Mit „so etwas“ meint sie den Holocaust, und die Frage richtet sie an ihren Geschichtslehrer Ben Ross. Wenig später setzt sich die Maschinerie in Bewegung. Die arglose High-School-Schülerin, die gerade noch diese entscheidende Frage aufgeworfen hatte, ist zu einem Bestandteil des Systems geworden. Sie ist nun ein Mitglied der „Welle“.

Am Dienstagabend führte die gemeinsame Theater-AG der Johannes-Gutenberg-Realschule und des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums das Theaterstück „Die Welle“ auf - ursprünglich eine Erzählung von Morton Rhue. Die Textvorlage haben die Lehrer Eugen und Gisela Richter dramaturgisch aufgearbeitet. „Die Welle“ basiert auf einer wahren Begebenheit. In den 70er Jahren führte der High School-Lehrer Ron Jones - der im Buch den Namen Ross erhielt - mit seinem Geschichts-Leistungskursus ein Experiment durch. Anstoß war die zu Beginn gestellte Frage: Kann sich der Holocaust wiederholen?

Eindrucksvoll stellten die Schauspieler den Werdegang der Welle dar: Nur bei einer Schülerin regt sich der Unmut. Laurie, gespielt von Vivian Alfes, weigert sich als Einzige der Welle beizutreten. Sie warnt ihre Mitschüler vor der Gefahr, die sich hinter den Maximen der verschworenen Gemeinschaft verbirgt. Die Schüler sind schnell von dem Leben in der Gemeinschaft begeistert. Und jeder Einzelne sieht nur die positiven Auswirkungen für seine eigene Person.

Die 16 Acht- bis Zehntklässler zeigten eine beeindruckende schauspielerische Leistung. Doch damit war es nicht genug: Das Stück wurde durch Dias und Ausschnitte aus Dokumentarfilmen über den Holocaust ergänzt. Dadurch wurden die Zuschauer an den traurigen und verheerenden Hintergrund erinnert, der der Aufhänger für das Experiment mit der Welle war.

Julia Rox, Westfälische Nachrichten 28. 06. 2001