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Plakat zur Aufführung

KvG: Tabubruch mit sehr viel Spaß


Münster-Hiltrup. Olymp mal anders: Morpheus dealt mit Schlaf, Merkur verfällt dem Kaufrausch und Gott Jupiter läuft zwar noch immer jedem Rock hinterher, leitet aber jetzt als ein Art „Pimp des Pop“ eine Plattenlabel. Das Kardinal-von-Galen-Gymnasium (KvG) hat die Tragödie von Orpheus und Eurydike in die Moderne transportiert und feierte jetzt erfolgreich Premiere. Fast eine Hundertschaft aus Schülern, Lehrern und Eltern war an der fünften Musikproduktion der Schule beteiligt. Respekt vor der Antike sieht freilich anders aus, aber der Tabubruch macht Spaß. Er wurde federleicht auf die Bühne gebracht. Außerdem nahm der Komponist Jacques Offenbach, der mit seiner Operette „Orpheus in der Unterwelt“ die Vorlage für das Musiktheater lieferte, mit seiner Interpretation vom Orpheus den Kult um die Antike schon damals gehörig auf die Schippe.
Seit mehr als einem Jahr proben die Schüler der 10., 11. und 12. Klasse für das Musical. „Während der Proben entstanden immer wieder neue Ideen, es wurde gekürzt, umformuliert, neue kleinere Rollen wurden entworfen“, blickt Johannes Dolezich zurück: „Ein manchmal schwieriger, aber immer kreativer Entstehungsprozess.“
Die Story: Der Gitarrenheld Orpheus (bei der Premiere verkörpert von Ben Siebenbrock) hat das Blondchen Eurydike (Maren Hanskötter) schlichtweg satt und andersrum. Aber eine öffentliche Trennung kommt nicht in Frage, was soll denn nur die Presse denken. So lässt sich das Popmusiksternchen Eurydike vom Düsterrocker Pluto in die Gruftie-Szene entführen und hofft dort auf einen Karrieresprung. Aber Jupiter (perfekt in Szene gesetzt von Markus Niemann) hat etwas dagegen, und nicht ganz freiwillig reisen sodann Orpheus, die Presse und die ganze Entourage hinab in die Unterwelt der Musikszene. „Oh weh! Jetzt bekomme ich Eurydike womöglich wirklich zurück!“, jammert Gitarrero Orpheus. Es endet wie im Mythos und mit dem bekanntesten Musikstück des Librettos, dem Höllen-Cancan, dem legendären Can Can aller Can Cans.
Juwelen der Aufführung sind die verrückten Charaktere, das Bühnenbild und vor allem die schrillen Kostüme. Mars trägt beispielsweise nebst Backenbart und goldenen Epauletten einen Bobby auf dem Kopf. Jupiter-Gattin Juno kleidet sich wie eine 20er-Jahre-Nachtclub-Ikone in pink und goldenem Pektoral. Außerdem hatten einige Lehrer, unter anderem Direktor Paul Theolosen als schusseliger Hausarzt, ihre Auftritte.
Markus Lütkemeyer, Westfälische Nachrichten 9. 6. 2010

"Orpheus in der Unterwelt"

Eine Inszenierung des Musiktheaters am KvG

Das Musiktheater am KvG hat sich für Eltern, Schüler und Lehrer mittlerweile als eine feste Größe an der Schule etabliert. Dass Schüler und Schülerinnen sich seit einigen Jahren intensiv mit der Theaterbühne auseinandergesetzt haben, zeigt nicht nur der große Andrang zu den Inszenierungen. Eine Reihe (ehemaliger) Schüler ist in Theatergruppen außerhalb der Schule aktiv, einige haben selbst eine eigene gegründet oder sogar die Theaterbühne zum Berufsziel erklärt.
In der Schule selbst ließ die Theaterarbeit in den letzten Jahren eine große Anzahl von Produktionen entstehen, welche die Bühne in der Aula in der Schulzeit nahezu täglich belegten und belegen. Die Bühnenbild- und Kostümbild-AG haben Kostüme und Bühnenbilder entstehen lassen, die sich sehen lassen konnten. Im letzten Schuljahr wurde darüber hinaus zum ersten Mal eine Maskenbild-AG ins Leben gerufen, die fünfzehn Schülerinnen unter der Leitung einer Maskenbildnerin der Städtischen Bühnen Münster Grundlagen der Maskenbildnerei vermittelte. Unmittelbar umgesetzt wurde das Erlernte während der Proben und Aufführungen der diesjährigen Musiktheaterinszenierung.
Auch diesmal waren wieder eine große Anzahl von Schüler, Eltern und Lehrern beteiligt und wagten sich an eine feste Größe im Spielplan vieler Opernbühnen, an "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach. Im Mai des letzten Schuljahres ging das Stück sechsmal über die Aulabühne. Und siehe da: Es wurde etwas geboten, was großen Eindruck hinterließ. Etwaige Vorbehalte, ein so bekanntes Stück eigne sich nicht für ein Schultheater, wurden durch die große Spielfreude der Darsteller, Musiker und Tänzer, durch ein großartig angelegtes Bühnenbild und durch fantastische Kostüme ad absurdum geführt.
"Orpheus in der Unterwelt", Offenbachs erste abendfüllende Operette, hat als Beispiel von musikalischer Mythentravestie unzählige Nachahmer gefunden. Auch die KvG-Inszenierung probierte etwas Neues aus. Die Handlung wurde aus der griechischen Mythologie in die Jetztzeit verlegt, in die Welt des Musik-Business. Großen Spaß machte es allen Darstellern und Darstellerinnen, in die Rollen zu schlüpfen und sie mit Leben zu erfüllen. Die Vorlage bot dabei eine Fülle von Figuren, die es entdecken und einzunehmen lohnte, etwa die eines Unterwelt-Punkers, eines Klatschreporters oder eines Udo-Lindenberg-Verschnitts.
Es zeigte sich, dass das Erlernen der Fähigkeit, in eine neue Rolle zu schlüpfen um das Publikum in dieser Verwandlung bestens zu unterhalten, eine intensive Probenarbeit erforderte. Alle Schüler und Schülerinnen erfuhren im Laufe der einjährigen Probenzeit, dass für diesen Prozess viel Zeit und Energie vonnöten ist. Das Ergebnis aber konnte sich mehr als sehen lassen. Und so staunte manch ein Vater, manch eine Mutter und auch manch ein Lehrer, welch unbekannte Wesen sich da auf der Bühne präsentierten.
Dass eine Schultheateraufführung nicht nur die Schulgemeinde erreichen kann, bewies der große Publikumserfolg. Nachdem die Premiere und die zweite Vorstellung nicht ganz ausverkauft waren, sprach es sich schnell herum, dass es auf der Aulabühne etwas Besonderes zu sehen gab. Und so spielten alle Darsteller und Darstellerinnen in den weiteren vier Vorstellungen vor vollem Haus, und manch ein Zuschauer kam zwei- oder sogar dreimal. Für alle Beteiligten wurden die Abende zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Johannes Dolezich
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