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Studentenpfarrer Rafael van Straelen, Kunstlehrer Michael Rickert, Ankelien Duchow, Lennart Jasper und Denise Kroos (Schüler des KvG) sowie Pastoralreferent Marius Stelzer (v. l.) hoffen auf viele Besucher der Ausstellung. Foto: hsch

Was tun bei Liebeskrankheit?

Außergewöhnliche Ausstellung von Schülern des KvG in der Martinikirche

Münster-Hiltrup. Melancholisch, todtraurig, ja gar herzzerreißend - liebeskrank. So hängen sie an der Wand im Kirchraum der Martinikirche. Die Rede ist von den 20 Tableaus, die Oberstufenschüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums nach dem Muster Pop-Art-Kunst von Robert Rauschenberg zu diesem Thema in einem Projekt schufen. So unterschiedlich wie jeder Einzelne mit Liebeskummer und Herzschmerz umgeht, so gleicht auch kein Tableau dem anderen. Inspirieren ließen sich die Schüler von dem 1916 entstandenen Werk „Der Liebeskranke“ von George Grosz, das auch der Ausstellung seinen Namen gab, die am Mittwochabend offiziell eröffnet wurde.

Die Kunstwerke, bei denen unter anderem Scherben, Plastikbecher und Styropor als Material verwendet wurden, lassen tiefe Blicke in die Gemütswelt der Künstler zu. Werfen allerdings auch Fragen an den Betrachter selbst auf, wie Ankelien Duchow meint. „Liebeskrankheit ist neben einer Erkältung die häufigste Krankheit in unserem Alter“, sagt sie. „Doch was ist zu tun bei Liebeskrankheit? Welche Heilmittel gibt es? Und wo finde ich mich selbst wieder?

Fragen, für die es leider keine Patentlösungen gibt. Die müsse jeder für sich selbst herausfinden, betonte Studentenpfarrer Rafael van Straelen. Liebe sei zwar das Stärkste, doch mache sie auch verwundbar.

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Eine originalgetreue Kopie des „Liebeskranken“ hält Schülerin Denise Kroos in den Händen. Mit ihr freuen sich Kunstlehrer Michael Rickert (l.) und Pastoralreferent Marius Stelzer auf die ungewöhnliche Ausstellung in der Martinikirche. Foto: jou
Genauso wie bei der Menschwerdung Gottes durch Jesus Christus. Und geriete man durch die Liebeskrankheit in einen dunklen Tunnel des Kummers und der Trauer, so dürfe man trotzdem niemals den Glauben an die Liebe verlieren, denn sie sei das Stärkste, so die Botschaft des Geistlichen. In besonderem Maße verkörperten die Werke von Lennart Jasper und Jelena Truckenbrod dieses Bild.
Kunstlehrer und Initiator dieses Projekts, Michael Rickert, hat bewusst dieses Projekt gewählt, um Freiräume zu schaffen, in denen sich ein Geist frei entwickeln kann. „Künstlerisches Schaffen kann auch als Therapie fungieren. Sie kann helfen, Verluste zu überwinden und Erlebtes zu verarbeiten, so geschehen bei diesem Projekt. Deshalb ist die Freiheit in der Kunst so wichtig“, sagte Rickert, der betonte, dass die Ausstellung aus den in seinen 26 Jahren als Kunstlehrer gesammelten Erfahrungen als etwas Außergewöhnliches heraussteche.

Leider bleibt wenig Zeit, die einzigartigen Kunstwerke im Kirchraum der Jugendkirche „effata!“ zu bewundern. Bereits am 18. Januar endet die Ausstellung.

hsch, Westfälische Nachrichten 09. 01. 2009

Ungewöhnlich liebeskrank

Hiltruper Gymnasiasten lassen sich von George-Grosz-Werk inspirieren

Münster. In seinen 26 Jahren als Kunstlehrer hat Michael Rickert schon unzählige Ausstellungen von Kunst-Leistungskursen begleitet. „Aber diese ist etwas Außergewöhnliches“, betont er und zieht die Augenbrauen hoch, als müsse er dem Gesagten Nachdruck verleihen.

Zum Thema „Liebeskummer“ ließ Rickert im vergangenen Schuljahr seinen Leistungs- und Grundkurs des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums in Hiltrup Kunstwerke schaffen. Inspirieren sollte die 18-Jährigen dabei das 1916 entstandene Ölgemälde „Der Liebeskranke“ von George Grosz.

Das Gemälde hängt in der Kunsthalle Düsseldorf und zeigt den Künstler selbst in einem Berliner Café. Ihn umgeben verschiedene Formen von Narkotika, unter seinem Herzen trägt er eine Pistole. „In dem Gemälde reflektiert der Ausnahmekünstler Grosz sich selbst, seine Umgebung und den Zustand der Gesellschaft“, beschreibt Rickert. Seinen Schülern stellte er die Frage: „Was hat das mit uns zu tun?

Die Jugendlichen antworteten in 30 im wahrsten Sinne außergewöhnlichen Kunstwerken. Sie arbeiteten nämlich auf einer einen Quadratmeter großen Sperrholzplatte und schufen dreidimensionale Tableaus. „Damit gelingt es, eine Sache aus der Fläche heraus in den Raum zu bekommen. Gerade dieser Raum spielt hier eine besondere Rolle“, so Rickert.

Einen ganz besonderen Raum suchte sich der Kunstpädagoge daher auch für die erste Veröffentlichung der bisher noch im Schulkeller versteckten Werke aus: Ab dem heutigen Mittwoch laden die Jugendlichen zu ihrer Ausstellung in die Jugendkirche „effata!“ im Kirchenraum der Martinikirche.

„Unsere Bilder enthalten sehr viel Persönliches. Viele Tableaus erzählen von Schmerz, Zerrissenheit und Liebeskummer, oft auch vor gesellschaftlich kritischem Hintergrund. Wir verwendeten Scherben, Plastikbecher, Styropor oder Naturmaterialien. Die Werke sind meist abstrakt“, erklärt Denise Kroos. Für sie ist das Thema keineswegs zu weit hergeholt: „Es passt gut zu unserer Altersgruppe, weil das eben die Zeit ist, in der man Liebeskummer hat.
Johanna Uchtmann, Westfälische Nachrichten 07. 01. 2009