Anna Maria Everding und Stefan Naerger, ehemalige Schüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums, erläutern Stadtdechant Dr. Ferdinand Schumacher und Dorothea Große Frintrop die Bedeutung ihrer Kreuzdarstellungen. Foto: msj

Durchkreuztes Leben


Tradition und Provokation

Das Kreuz begleitet Haus der Familie in der Fastenzeit

Münster. Kreuzdarstellungen sind eine Selbstverständlichkeit in der Fastenzeit. Im Münsterland haben sie eine lange Tradition, die Grenze der Kreuzkultur legte Dr. Ferdinand Schumacher etwa zwischen Greven und Ladbergen fest. Kreuze im Zusammenhang mit dem Rosenkranz, Krankheit, Tod oder als Mitbringsel von Wallfahrten - sie waren so selbstverständlich wie das Tischgebet. „Heute gehören sie nicht mehr zur allgemeinen Kultur“, stellte der Stadtdechant fest. Im Haus der Familie eröffnete er gestern gemeinsam mit der Leiterin Dorothea Große Frintrop die Ausstellung „Kreuz“. Die Exponate nehmen bis zum 11. April die Flure und den Vortragsraum in Beschlag. Zahlreiche Veranstaltungen begleiten die Ausstellung.
80 Kreuze stammen aus dem Privatbesitz von Münsteranern. Oft ist ihnen eine persönliche Beschreibung beigefügt, die erklärt, welche Bedeutung sie für das Leben des Einzelnen haben. Das wertvolle Barockkreuz etwa, das mit viel Mühe vor dem Zugriff der Nationalsozialisten gerettet wurde. Fotos, entnommen aus dem Buch „Cross“ von Kelly Klein, zeigen Alltagssituationen, in denen Kreuze eine Rolle spielen, aber auch Zufälliges, wie die Frau, die mit ausgestreckten Armen selbst zu einem Kreuz wird.
Markant mutet außerdem der dritte Teil dieser Ausstellung an, die nach dem Wunsch von Dorothea Große Frintrop möglichst viele Menschen ansprechen und zur „Enttabuisierung“ beitragen soll: Kreuze, deren Größe diese auf Augenhöhe mit dem Betrachter bringt. Moderne Kunst, im Jahr 2000 von damaligen Schülern des Hiltruper Kardinal-von-Galen-Gymnasiums gestaltet, die seitdem auf Wanderschaft ist. Zu ihren Stationen zählen die Dominikanerkirche oder das Exbad. Diese Kreuze zeigen Umweltverschmutzung, Markenwahn, Terror und Gewalt, Krankheit und Gefahr. Die Gestalten am Kreuz bestehen aus Stacheldraht, Zeitungsmeldungen, Zigarettenschachteln. „Moderne Kunst will autonom sein, diese Kreuze haben keinen religiösen Charakter“, findet Stadtdechant Schumacher. Sie seien nicht Symbol der Erlösung, wohl aber Zeichen der Erlösungsbedürftigkeit von Menschen.
msj, Westfälische Nachrichten, 10. 03. 2003

Durchkreuztes Leben:
Die Arbeiten

„Durchkreuzt“ heißt das Motto der ökumenischen Initiative in diesem Jahr

Zuversicht, das Leben sinnvoll zu gestalten

Das Kreuz: etwas Selbstverständliches für die Schülerinnen und Schüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums in Münster. Es hängt in ihren Klassenräumen, begleitet sie durch den Schulalltag. Aber das Kreuz als Thema im Kunstunterricht? Oder gar eigene Kreuze herstellen?
Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 haben es ausprobiert. Herausgekommen sind ungewöhnliche Skulpturen, die stutzig machen und zum Nachdenken anregen - ein Kreuzweg nicht im klassischen Sinn, aber zeitgemäß und jugendnah. Da ist das Kreuz mit dem Titel „Freiheit und Abenteuer". Statt eines Christus hängt eine Figur aus Motorradteilen am Querbalken. Anstelle des Kopfes ein Motorradhelm. Der Tank als Körper, Vordergabel und Lenker als Arme und Beine: Was dahinter steckt? Die Erinnerung an einen Motorradausflug, der tödlich endete. Die Angst, Freiheit mit Leid und Tod bezahlen zu müssen. Aber auch Lebensfreude und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. An anderen Kreuzen hängen Figuren aus Coladosen, Kleiderfetzen oder Stacheldraht, aus Elektroschrott oder Grabsteinen. „Meine engen Grenzen“, „Kleider machen Leute“, „Ex und Hopp“, „Durchkreuztes Leben“ heißen sie.
„Durchkreuzt“ heißt auch das Motto des diesjährigen Ökumenischen Jugendkreuzweges am Freitag vor Palmsonntag. Die Skulpturen der Münsteraner Jugendlichen illustrieren, was damit gemeint ist: Lebenspläne und -träume sind gefährdet - ein Unfall kann alles verändern. Eine Sicherheit, dass wahr wird, was Menschen sich erträumen, gibt es nicht. Aber die Sehnsucht nach erfülltem Leben lässt sich nicht unterkriegen. „Leben satt“ heißt denn auch eines der Kreuze, an dem eine Figur aus Zigarettenschachteln hängt. „Ich sage dir meine Träume“, heißt es im Begleittext. „Groß rauskommen, frei sein, stark und unangreifbar, bewundert und geliebt.“ Und dann: „Ich sage dir, was mir Angst macht: Irgendwann einmal zu sehen: Die Schachtel ist leer. Das Leben ist verglüht. Und meine Träume sind durchkreuzt.“
In den Gebeten und Liedern kommt die Hoffnung auf Christus zur Sprache, der mitgeht durch das Leben. „Mit seiner Liebe ist er da, wo der Tod das Leben durchkreuzt“, heißt es in dem Gebet zu der Skulptur „Durchkreuztes Leben“. So bekommt das „Durchkreuzt“ eine neue Bedeutung: Zuversicht entsteht, dass Jugendliche in Jesu Namen ihr eigenes Leben und ihre Umwelt sinnvoll mitgestalten können.
Zusammengestellt und formuliert worden sind Gebete und Lieder vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend, der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend und der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz. Der Ökumenische Kreuzweg der Jugend findet in diesem Jahr zum dreißigsten Mal statt.
Anke von Legat in: Unsere Kirche, 17. 03. 2002

Modernes Leid am Kreuz

Kruzifix-Ausstellung in der Dominikanerkirche

Der Motorradhelm neigt sich - wie der Kopf des Gekreuzigten - erschöpft zu Boden. Der Tank ist als durchstochener Torso des sterbenden Christus ans Kreuz genagelt. Weitere Teile einer verunglückten Maschine vervollständigen die ungewöhnliche Kreuzesdarstellung.
Das Kreuz aus Motorradteilen ist nur eine von 14 klassischen Aktualisierungen mittelalterlicher Kruzifix-Darstellungen, die jetzt in der Dominikanerkirche zu sehen sind. Erstellt wurden sie vom Grundkurs Kunst der Jahrgangsstufe 12 am Kardinal-von-Galen-Gymnasium in Münster-Hiltrup. Während des Euro-City-Festes sind die Halbjahresarbeiten der Schüler aus alltäglichen Materialien wie Kabel oder Stacheldraht zu sehen. Kreuze aus ausgeschnittenen Todesanzeigen gehören ebenso zu den eindrucksvollen Umsetzungen des Themas „Leid“ wie eine Arbeit aus vielen kleinen Holzstücken, die an das Holocaust-Denkmal in Berlin erinnern soll.
Teil der Ausstellung, die die Schüler gemeinsam mit ihrem Kunstlehrer Michael Rickert vorbereitet haben, ist eine Diaprojektion einer mittelalterlichen Darstellung des sterbenden Christus. Das Gesicht des Gekreuzigten ist auf einer über den Kirchbänken hängenden Leinwand zu sehen.
Die Ausstellung mit Kruzifix-Darstellungen der KvG-Schüler ist noch bis zum 24. Juni in der. Dominikanerkirche zu sehen. Am heutigen Samstag geben die Schüler am Ausstellungsort zu in der Zeit von.16 bis 20 Uhr Auskunft über ihre Arbeiten.
Kerstin Himmelmann, Westfälische Nachrichten 03. 06. 2000
Die Ausstellung in der Billerbecker St. Johann-Kirche aus Anlass des Festes der Katholischen Schulen im Bistum Münster am 13. 9. 2001

Ausstellung von Kardinal-von-Galen-Gymnasiasten

Durchkreuztes Leben ist sichtbar dargestellt

Münster. „Irgendwie muss man sich ja eine gute schriftliche Note im Kunstgrundkurs erarbeiten“, so der erste Kommentar einer der Schüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums, deren Aufgabe es war, aus Materialien, die in einem ganz normalen Haushalt zu finden sind, ein Kruzifix zu erstellen.
Die Gotik als vorgegebene Stilrichtung für dieses Schuljahr nahm Kunstlehrer Michael Rickert zum Anlass, die für diese Epoche so charakteristische Kirchenkunst darstellen zu lassen. Zur Einführung sahen die Schüler den Film „Der Name der Rose“, der die mittelalterlichen Lebensverhältnisse der Menschen sehr gut widerspiegelt, wie die Schüler einstimmig feststellten.
Bewusst wurde ihnen dadurch, wie wichtig der Glaube im Mittelalter für die Menschen war. Der Glaube an Gott verlieh ihnen Hoffnung, gab ihnen Halt. Heutzutage - so haben es die Schüler an sich selbst erfahren - ist der Umgang mit Glaubensfragen und das selbstverständliches Vertrauen in die Kirche nicht mehr alltäglich. Um so spannender war es für sie, sich mit den unterschiedlichsten Menschen darüber auseinanderzusetzen.
Nachdem Kunstlehrer Rickert zunächst nur die Materialien für die Kruzifixe vorgegeben hatte, forderte er die Schüler nach den ersten künstlerischen Entwürfen auf, ihren Kreuzen einen sinnbildlichen Hintergrund zu geben. Jeder dargestellte Jesus sollte sein individuelles und aktuelles Leid zu tragen haben. Das hieß, sich mit den anliegenden Problemen der Zeit auseinanderzusetzen. Die Schüler einigten sich darauf, dass die auffallenden Probleme der jetzigen Konsumgesellschaft in Drogensucht, psychischen oder auch somatischen Krankheiten zu suchen seien. Diesen Geißeln der Zeit versuchten sie in ihren Werkstücken einen Ausdruck zu geben. Durch die geistige Auseinandersetzung entstanden außergewöhnliche und eindrucksvolle Arbeiten. Die Schüler-Kruzifixe werden in der Dominikanerkirche in einer Ausstellung gezeigt, die am Donnerstag in der Himmelfahrtsmesse eröffnet wurde.
Der Dank der jungen Kreativen galt vor allem dem Rector ecclesiae der Dominikanerkirche, Prof. Dr. Müller, der dem Grundkurs Kunst die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Die Ausstellung „Durchkreuztes Leben“ ist in das Eurocity-Fest 2000 eingebunden und soll in diesem Rahmen ein Erlebnis der Sinne vermitteln.
GKR, Münstersche Zeitung 03. 06. 2000