Unerwartete Kunst auf Zeit
Kunstkreis des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums veranstaltete Performance im Klosterwald
Grauer Himmel, einige verirrte Regentropfen zwischen den Bäumen, der Wind
spielt geheimnisvoll in den Ästen des Klosterwaldes. Gespannte Erwartung
liegt in der trüben Unwetterluft. Zwischen den Bäumen lassen bunte
Gestalten Ungewöhnliches erahnen. Rund einen Meter hoch und still die einen,
lebensgroß und beweglich die anderen. Den Kopf in den Nacken gelegt, starren
sie gemeinsam in den verregneten Himmel, in das grüne Blätterdach.
Auf einer Lichtung ihr graues Pendant: Von einer Staffelei aus sucht auch Richard
Oelzes Menschengruppe unerwartetes am Horizont. Gespannt verharren dort die
zahlreichen Zuschauer, die gestern in den Klosterwald kamen, um sich von der
Performance des KvG-Kunstkurses in eine andere Welt entführen zu lassen.
Vortragen, erfüllen, aufführen, verrichten wollten die KvGler mit
ihren Figuren. - So zumindest übersetzte Kunstlehrer Michael Rickert das
Wort „Performance“ in seinem Eingangsvortrag zu der ungewöhnlichen
Kunstpräsentation, die gestern zwischen KvG und Kloster für fünf
Stunden zu sehen war. Zum Spielfeld sah er den Klosterwald verwandelt zu einem
Feld für Mensch-ärgere-Dich-nicht-Figuren, die einmal nicht über
endlose Wege ihrem Ziel entgegenziehen, sondern erwartungsvoll innehalten, wie
ihre Schwestern und Brüder auf dem Oelze-Werk „Die Erwartung“
aus den 30er Jahren. Eingebunden in diese Kunst auf Zeit auch die eingefärbten
Schülerinnen und ihre Betrachter. Unter ihnen neben Schulleiter Bernard
Brinkbäumer und Pater Fritz Biermann auch Bezirksvorsteher Heinz Nolte,
Alois Weihermann, Leiter der Bezirksverwaltungsstelle, und Oberbürgermeisterin
Marion Tüns..
Unwiederholbar also die „Aufführung“ des Werkes, von begrenzter
Dauer und in ständigem Wandel. Demgegenüber die Zeit, die sie mit
ihren Figuren verbrachten, bis sie den Klosterwald bevölkern konnten. Zwei
Jahre lang haben die Schüler an den 60 Figuren gearbeitet, zuerst einen
Sockel für ihre Standfestigkeit gefertigt, dann die Rohform aus Kaninchendraht
mit Pappmaché bekleidet, bis sie schließlich in den Mensch-ärgere-Dich-nicht-Farben
lackiert werden konnten.
Nur für die „Verrichtung“ der besonderen Kunstform komponiert
wurde auch die Musik von Johannes Dolezich und Udo Herbst, die nach Rickerts
„Vortrag“ düster durch den Klosterwald klang. Gesungen wurde
das Stück, dessen Weise angelehnt an Werke aus dem 11. Jahrhundert ist,
von Almut Aischemöller.
Nicola Ebel in: Kardinal-von-Galen-Schule 1946-1996, Münster 1996