P. Heinz Limburg (Mitte, vordere Reihe) bei einer von P. Manfred Simmich zelebrierten Schulmesse, 80er Jahre

„Interesse für Mission wecken“

Dr. Simon Ntamwana stand Rede und Antwort

Münster-Hi1trup (Eig. Ber.). Es gab Applaus für den Generalvikar der Diözese de Muyinga aus Burundi, als der gestern zu Beginn der fünften Schulstunde die Aula des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums betrat. Der Beifall galt jedoch nicht nur Dr. Simon Ntamwana, der zur Zeit im Rahmen der „Missio“ in zahlreichen Pfarrgemeinden und Schulen der Diözese Münster spricht und informiert, sondern auch den „Entdeckerfreuden“. „Wir haben Ihr Land auf der Afrikakarte auf Anhieb gefunden“, leitete der Vorsitzende der Fachschaft Katholische Religion, Studienrat Pater Heinz Limburg, das Gepräch ein, bevor er Dr. Ntamwana willkommen hieß. Mit den Schülern der Grundkurse Religionslehre der Jahrgangsstufe 12 des KvG tauschte der weitgereiste Gast gestern Ansichten über die Situation der Kirche in seinem Heimatland aus.

„Der Missionsgedanke ist uns nicht fremd“, erinnerte Pater Limburg eingangs daran, dass das bischöfliche Kardinal-von-Galen-Gymnasium ursprünglich von den Hiltruper Herz-Jesu-Missionaren geleitet wurde. Landkarte, Leinwand für die Dias und ein großer Regenbogen schmückten gestern die Aula. „Der Regenbogen symbolisiert den Bogen, den Sie heute von Afrika zu uns und wir zu Ihnen schlagen möchten“, leitete Pater Limburg zum Vortrag des Generalvikars über.

„Ich bin kein gutes Beispiel in Deutsch. Sie dürfen mit mir französisch, englisch, italienisch oder auch kisuaheli spechen“, bot Dr. Ntamwana, der immerhin acht Sprachen fließend beherrscht, den Schülern an. Die hielten es aber doch lieber mit der deutschen Sprache.

Nach einem rund eineinhalbstündigen Vortrag bedankte sich Pater Limburg bei Generalvikar Dr. Ntamwana aus Afrika. Foto: pn
Zu Beginn schilderte Dr. Ntamwana anhand von Dias die Situation der Kirche in seiner Diözese in Burundi. Burundi ist ein kleines Land in Zentralafrika, unabhängig seit 1960 und mit 5 Millionen Einwohnern geradezu überbevölkert. Burundi ist ungefähr so groß wie Belgien. Als eines der ärmsten Länder Afrikas mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 400 bis 500 Mark im Jahr bezeichnete der 47jährige Generalvikar sein Heimatland. Burundi ist ein Land mit zwei Dritteln katholischer Bevölkerung. Zehn Prozent gehören der evangelischen Kirche an, 1,5 Prozent sind Mohammedaner.

Die Betreuung der Jugendlichen – etwa 43 Prozent der Bevölkerung sind  15 oder weniger Jahre alt – die Sozial- und Gesundheitfürsorge bezeichnete Dr. Ntamwana als vordringliche Aufgaben der Kirche in Burundi. Lediglich 15 Prozent der Bevölkerung seien zur Schule gegangen, der Rest werde zur Arbeit in der Landwirtschaft angehalten, um die Familien zu ernähren. Die Kindersterblichkeit liege in Burundi bei 22 Prozent. „Es gibt also genug Gründe, Ihr Interesse an der Mission zu wecken“, adressierte der afrikanische Gast die Bitte an die Jugendlichen.

Zur politischen Situation befragt, antwortete der Referent, die Militärregierung habe die Schulen enteignet und verstaatlicht, Kirchen geschlossen, Priester eingesperrt und Missionare ausgewiesen. Dies mit der Begründung, daß die katholische Kirche zur besten Produktionszeit ihre Gottesdienste abhalte. Der ersten Einschränkung, Gottesdienst nicht mehr tagsüber abzuhalten, folgten weitere Einschränkungen. „Die Erziehung der Jugend liegt in den Händen des Staates, aber das Verbot der Teilnahme an Gottesdiensten und die Verfolgung der Christen sind kein Zeichen der Freiheit“.

Der Priester als Entwicklungshelfer? Diese Frage konnte Dr. Ntamwana nur bejahen. „Die Kirche hat die Entwicklung des Landes gefördert. Und auch an der Verbesserung des Schul-, Gesundheits- und Sozialwesens war sie beteiligt“. Die Vermehrung der Agrarproduktion sei die Chance für die Zukunft, der Unterentwicklung des Landes zu begegnen.
Auf den Beitrag der afrikanischen Kirche zur Weltkirche angesprochen, führte der afrikanische Gast aus: „Kirche ist überall eine Institution, die die Gesellschaft beunruhigt, sie anstößt“. Akzente wie zum Beispiel die lateinamerikanischen Impulse der Gerechtigkeit und des Befreiungskampfes seien zwar in Afrika noch nicht so spürbar, aber auch hier werde für die Unterdrückten gekämpft.

Auf die abschließend an ihn gerichtete Frage „Was erwarten Sie von der Kirche in Europa und wodurch sehen Sie sich da behindert?“ antwortete Dr. Ntamwana: „Europa hat uns die frohe Botschaft des Evangeliums verkündet. Jedoch ist der Glaube an Christus in Europa so winzig und klein geworden. Für mich erwarte ich, dass Europa wieder glaubt.“ An die Jugendlichen richtete er abschließend den Appell: „Ihr Glaube ist die Bedingung für die weitere Evangelisierung in Afrika. Wir gehen langsam zum Tod der Kirche hin, wenn Sie als junge Menschen nicht mehr glauben können!“

pn, Westfälische Nachrichten 08. 10. 1987