Das Bild des „Fremden“ in den Köpfen verändern: Rudolf Rossel diskutierte mit KvG-Gymnasiasten.

So entstehen Vorurteile

Schüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums treffen russlanddeutschen Sozialpädagogen

Hiltrup. „Ich fuhr im Winter mit dem Bus. Der erste Schnee ist in Münster gefallen. Plötzlich sah ich durch die Scheibe, wie ein älterer Mann den Schnee von den Baumblättern mit einem Besen fegte. Die Deutschen sind pingelig, dachte ich“. Diese Geschichte erzählte Rudolf Rossel den Jugendlichen aus der Klasse 10 des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums, um ihnen deutlich zu machen, wie Vorurteile entstehen.
Rossel arbeitet als Sozialpädagoge seit acht Jahren mit jugendlichen Russlanddeutschen in Münster im Rahmen des Stiftungsprojektes „Privjet“.
Die Klasse 10 hat sich in einer Unterrichtsreihe mit dem Thema „Fremdenfeindlichkeit“, ihren Ausdrucksformen und Entstehungsmechanismen beschäftigt. Zum Abschluss der Reihe haben sie einen Experten eingeladen, um die letzten Fragen los zu werden. „Vorurteile entstehen nicht nur bei den Einheimischen, auch die Russlanddeutschen sind von ihnen nicht frei“, so der aus Kasachstan stammende Experte. „Komisch“, bemerkte ein Schüler im Laufe der Reihe verwundert, „die Russlanddeutschen haben ähnliche Vorurteile uns, wie wir ihnen gegenüber.“
„Das kann man leicht erklären“, so Maria Rossel, die als Referendarin Politik in der Klasse 10 unterrichtet und selbst aus Polen stammt. „Wenn man das Prinzip der Entstehung von Fremdenfeindlichkeit kennen gelernt hat, weiß man, dass der Mensch dazu neigt, das, was sein Leben ausmacht, für einzig richtig zu halten. Veränderungen lehnt er zunächst ab“, so Maria Rossel, die sich zusammen mit ihrem Mann seit längerer Zeit für mehr Verständigung unter den Kulturen einsetzt.
„Dass Russlanddeutsche zum Beispiel ihre Freizeit anders verbringen als die Einheimischen, stößt automatisch auf Kritik“, so das Fazit von Rudolf Rossel. Integration brauche eben Zeit und ein wenig Verständnis für das Anderssein.
„Dazu müssten sich allerdings nicht nur die Russlanddeutschen auf die Deutschen einstellen, sondern auch die Deutschen ihre russlanddeutschen Mitbürger und deren Kultur ein wenig verstehen. lernen“, findet Schüler Tilman Hakenes. Und Maria Rossel sagt: „Wir wollen nicht nur Feindlichkeit verhindern, wir wollen das Bild des ‚Fremden’ in unseren Köpfen verändern. Nur dann können nachhaltige Anreize zum couragierten Handeln entstehen.“
Münstersche Zeitung 06. 12. 2007