Unterricht in Erziehungswissenschaft am KvG (2002)

Das Fach Erziehungswissenschaft ist am KvG in der Sekundarstufe II als Grund- und Leistungskurs wählbar. Im Differenzierungsbereich der Jahrgangsstufen 9 und 10 wird Erziehungswissenschaft in einem 4-stündigen Kooperationskurs mit dem Fach Sozialwissenschaft angeboten.

Alle Schülerinnen und Schüler, die Interesse an Erziehung und dem Nachdenken darüber haben, können dieses Fach wählen. Es wird vieles erarbeitet, was für die eigenen Einstellungen, Urteile und Verhaltensweisen wichtig ist.
So werden Situationen betrachtet, in denen Menschen miteinander umgehen, insbesondere Menschen in einer Erzieherrolle. Es wird versucht, die Auseinandersetzung dieser Menschen mit anderen Menschen zu reflektieren, Alternativen zu denken und Handlungsmöglichkeiten zu überlegen. Es wird untersucht, welche äußeren Einflussgrößen wie und in welchem Ausmaß auf die menschliche Entwicklung einwirken, es werden Informationen und Anregungen gegeben, um das ‚Innere des Menschen‘ zu verstehen.
Dabei werden nicht nur Eltern/Kind-Beziehungen thematisiert, sondern generell Situationen, in denen der Prozess der „Subjektbildung“ stattfindet. Ziel ist dabei, Hilfestellung für die „Bildung zum Subjekt“ zu geben.

Dazu ist es notwendig,
• über sich selbst nachzudenken und sich besser kennen zu lernen,
• über die eigene Erziehung nachzudenken,
• Einstellungen und Verhalten anderer Menschen verstehen zu können,
• Beziehungsstrukturen erfassen zu können,
• die äußeren Einflüsse, unter denen menschliche Entwicklung und Auseinandersetzung stattfindet, kennen zu lernen,
• Möglichkeiten und Grenzen von Erziehung zu reflektieren,
• die Eingebundenheit von Erziehung in soziale, kulturelle, historische und politische Prozesse nicht aus den Augen zu verlieren,
• über Möglichkeiten zu verfügen, Zielvorstellungen zu entwickeln und Veränderungsmöglichkeiten zu kennen und
• über Handlungskompetenzen zu verfügen.

Im erziehungswissenschaftlichen Unterricht finden die besonderen Interessen und Bedürfnisse der Schüler in hohem Maße Berücksichtigung. Dem einzelnen Schüler (Subjekt) und seinem Lern- und Bildungsprozess wird viel Bedeutung zugemessen durch das Lernen des Lernens, durch biographisches, forschendes, entdeckendes, kreatives und interdisziplinäres Lernen.
Es wird ein möglichst anschaulicher, situationsbezogener Zugang zur Erziehungswirklichkeit gesucht, der im Idealfall – z.B. durch Unterrichtsgänge – auch originale Begegnung ermöglicht.

Charakteristisch für das Vorgehen im Unterricht ist der Versuch, durch kleine Experimente, Übungen, Einblicke in Tests, sowie durch Filme und Falldarstellungen unmittelbare Erfahrungen und Anschauungen zu erreichen. Weitere Beispiele für Unterrichtsverfahren sind: Streitgespräch, Simulationsspiel, Erkundungen etc.
Der Unterricht im Fach Erziehungswissenschaft in der Oberstufe sollte dem Prinzip der Wissenschaftsorientierung und Wissenschaftspropädeutik genügen. Doch Pädagogik muss gerade in dieser Altersstufe in Lebenszusammenhänge eingebunden werden und sie durchschaubar machen.

Es wird ein Unterricht angeboten, in dem
• gelernt wird, erziehungswissenschaftliches Wissen zu erwerben;
• zu verantwortbarem pädagogischen Handeln angeregt wird;
• jede Schülerin und jeder Schüler unterstützt wird, etwas für das gelingende eigene Leben und die eigene pädagogische Positionsbestimmung zu tun;
• methodische Fähigkeiten erworben werden, die eigenständiges Lernen ermöglichen;
• kritische Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Entwicklungen gefördert werden, die einschränkend auf die Persönlichkeitsentwicklung wirken.

Beispiele für Themenkreise in den Jahrgängen 12 und 13:
12/1 Leitfrage: Was brauchen Kinder, um sich physisch, psychisch und sozial stabil zu entwickeln und wie kann dies pädagogisch gefördert werden?
12/2 Leitfrage: Warum verlaufen im Jugend- und Erwachsenenalter Entwicklung und Sozialisation oft krisenhaft? Wie kann Pädagogik hier präventiv und intervenierend eingreifen?
13/1 Leitfrage: Wie müssen staatliche und gesellschaftliche Institutionen der Zukunft gestaltet sein, die „die Sache klären und die Menschen stärken“ (Hartmut von Hentig)?
13/2 Leitfrage: Wie bin ich geworden, wie ich bin? Welche Vorstellungen vom Menschen haben die von 11/1 bis 13/2 behandelten pädagogischen, psychologischen und soziologischen Ansätze und wie können sie bei der Reflexion und Gestaltung der eigenen Biografie helfen?

aus: KvG-Schuldokumentation 2002