Grosseto 2008


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Einmal Italien und zurück, bitte.

Wir wissen, warum wir Italienisch gewählt haben. Seit der 11 zählt der kulturbegeisterte und vor allem lernwillige Teil von uns die Tage bis zur Abfahrt nach Grosseto.
Das unvergleichliche Altmeister-Gespann Hakenes-Vogelpohl, das schon unzählige Horden deutscher Schäfchen in die Toskana (und wieder zurück) führte, bestach von vornherein durch seine hieb- und stichfeste Planung, gemischt mit einer Prise Chaotik -  und der bedingungslosen Schwärmerei für das bel paese Italia.
Dennoch: Italien im Austausch zu erleben ist etwas anderes als ein Sommerurlaub. „Sprachbarriere? Ach kommt, das schafft ihr mit links.“. Die Überzeugung nimmt mit jeder Flugmeile, mit jedem Zugkilometer kontinuierlich ab – bis das Gefühl im Zug, als dieser in Grosseto in unser Abenteuer rollte, schließlich ein komplett anderes war. Ein hysterisches, deutsches Träubchen vor den sich öffnenden Zugtüren, sein grausames Schicksal erwartend.
In wenigen Minuten würden wir alleine, isoliert von allem Bekannten, einer Überzahl leidenschaftlich schnell-redender, ununterbrochen Pasta-verschlingender Italiener ausgeliefert sein.
Wie hätten wir damals schon ahnen können, dass es sich um zahme, „Grande Fratello“ ( = BigBrother ) -guckende Heineken-Trinker handelt? Dass unsere Brocken Italienisch („Non parlo l´italiano“ ; „Sì, certo.“)  unsere Gegenüber meist maßlos beeindrucken würden? 
Dass diese in der Schule Sätze wie „Frühstückst du früh lieber mit Müsli oder mit Brot und Konfitüre?“ im Chor aufsagen würden?
Die ersten deutsch-italienischen Begegnungen waren demzufolge durchaus menschlich. Kommunikation wird außerdem völlig überbewertet – was natürlich nicht heißt, dass wir nichts gelernt hätten: ganz im Gegenteil. Gemeinsam, manchmal auch ohne die Austauschschüler erlebten wir 6 Tage lang Land und Leute:
Das gut gefüllte Programm ergänzten wir fast freiwillig mit  Kurzreferaten; So konnten wir in Siena die Pferde förmlich sehen, die sich jährlich Rennen um die Piazza liefern, und in Pisa hat auch der letzte von uns begriffen, dass der Turm keine Fälschung ist – sondern tatsächlich Opfer nachgebenden Bodens.

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Was aber wohl die größte Überraschung war – und somit auch Weingutbesichtigung, lokalen Strand und Lucca getoppt hat – war das Erleben der Natur in der Maremma.
Zunächst als unspektakuläre Wanderung getarnt, entpuppte die Aktion sich als landschaftlicher Traum: Unter strahlend-blauem Himmel erklommen wir, aller unpassenden Fußbekleidung zum Trotz, die höchsten Berge, um mit einem Panorama-Ausblick über Wälder und Meer belohnt zu werden.
I-Tüpfelchen war der mit Sicherheit aus dramaturgischen Zwecken eigens engagierte Fuchs: Mit scharfer Nase stürzte dieser sich zielsicher auf eine Kantschülerin, um deren täglich Pizza und Orangensaft zu rauben. Und um uns hartnäckig bis zum Strand zu verfolgen. Man bemerke: Deutschland litt zur selben Zeit unter unnachgiebigem Deutschland-Wetter, wir hingegen lechzten nach Erfrischung. Welche Genugtuung.
Stilecht hielt sich das Wetter zumindest ansatzweise auch bis zum Gegenbesuch ein paar Wochen später und brachte unsere Sonnenkinder zum Frieren. Selbige zeigten sich dennoch restlos begeistert von den Qualitäten Münsters, auch wenn die Rangliste wohl von den Shoppinggelegenheiten angeführt und vom Radfahren beendet wird – im guten Mittelfeld hingegen dürfte die Münsteranerische Gastfreundschaft liegen: Sogar Bürgermeister und Goldener Hahn hießen die Italiener herzlich (und teilweise auf italienisch) willkommen.
Nicht zuletzt war es unseren Partnern aber auch beschert neben Wasserburgen und echt-deutschem Amsterdam-Wochenendtrip auch die Eigenarten des deutschen Schulsystems mitzuerleben: Am Freitag stand die Schule kopf und verbreitete Abi-Gag-Flair, eine einmalige Chaossituation. An dieser Stelle noch einmal ein schüchternes Kompliment an den Abschlussjahrgang: Eindeutig gelungen! Obgleich Chaos auch das passende Schlüsselwort zu einer Beschreibung des italienischen way of life liefern würde, wir sind da Anfänger. Sehen wir von der abenteuerlichen Auffassung von Straßenverkehrsordnung mal ab: Selbst Unterricht im Stiefel schließt ein fröhliches Kommen und Gehen, Essen und Schlafen nicht aus – Preußische Disziplin scheint uns Deutschen doch noch näher zu sein, als jeder Schulrebell es sich hier träumen lässt. So schließt sich der Erfahrungsbogen wieder im eigenen Land.
Für mich und manche andere heißt es trotzdem schon im Herbst wieder Schiaccia-knabbern und Meerluft-schnuppern: Danke für die wegbereitenden Erfahrungen und die unvergessliche Zeit! Auf dass wir nicht die letzten KvGianer bleiben, die sich der Herausforderung stellen und in die Weite ziehen!
Ankelien Duchow, 12
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