01
Lisa Amann verbrachte ihr Praktikum zwischen Blumentopf und Spaten bei der Gärtnerei Goroncy.

Den Ernst des Lebens kennen lernen

Schüler des KvG-Gymnasiums absolvieren zweiwöchiges Praktikum

Drensteinfurt. Es ist gerade halb zehn und eigentlich die große Pause für die Schüler des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums in Hiltrup. Doch daran war für die Jugendlichen der Jahrgangsstufe 10 in den vergangenen zwei Wochen nicht zu denken. Ihnen wird zurzeit im Rahmen des Schülerbetriebspraktikums ein zweiwöchiger Einblick in die Berufswelt ermöglicht. Unter ihnen befinden sich auch sieben Drensteinfurter, die einen Betrieb in ihrem Heimatort aufgesucht haben, um dort einige Erfahrungen über sich und das spätere Berufsleben zu sammeln.
„Bei diesem Praktikum geht es um mehr als nur um reine Berufskunde und darum, einen Einblick in ein bestimmtes Berufsfeld zu bekommen“, sagt Praktikumsleiter Franz-Josef Ruwe. „Die Jugendlichen sollen im Zeitraum ihres Praktikums über ihre Wünsche, über Verantwortung und vor allem sowohl über ihre Fähigkeiten als auch ihre Grenzen nachdenken“, betont der Münsteraner Lehrer. Es sei eine Zeit der bewussten Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit und den damit verbundenen Fragen nach der Berufswahl.
Die jungen Drensteinfurter stellten sich diese Fragen zu Anfang ihres Praktikums auf verschiedene Weise: Ob sie mit der Büroarbeit zurechtkommt, fragte sich beispielsweise Lena Elkendorf, die ihr Praktikum in der Stadtverwaltung absolvierte. „Ich möchte einfach mal erfahren, ob ich dazu fähig bin, einen ganzen Tag im Büro vor dem Computer zu sitzen“, beschreibt die 15-Jährige, die in verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung ihre Zeit verbrachte. Es sei allerdings nicht die spannendste Arbeit, musste die Schülerin bereits nach ein paar Tagen feststellen. Aber das sei ja auch schon mal eine gesammelte Erfahrung.
Auch Marie-Christin Möllers wollte in der Allianz-Versicherung Hemsing erfahren, wie die Büroarbeit aussieht. „Ich hätte nicht gedacht, dass das interessant sein kann und dass meine Kollegen so freundlich und ungezwungen sind“, stellt die 15-Jährige nach ein paar Tagen erstaunt fest. Überraschungen habe es viele gegeben, waren sich die angehenden Berufseinsteiger einig.
02
Marie-Christin Möllers (r.) lernte von Simone Heimken den Beruf als Versicherungskauffrau kennen. Fotos: Julia Otto
Anders ging der Rinkeroder Daniel Vieth sein Praktikum an, der in der Rechtsanwaltskanzlei Rademacher und Franke am Kirchplatz beschäftigt war. Er wünschte sich einen direkten Einblick in die Tätigkeit eines Rechtsanwalts, in seine Fachsprache und die Welt zwischen Paragraphen und Gesetzen, da ihm derartiges für sein späteres Berufsleben vorschwebt.
Eine ganz andere Frage dazu stellte sich Lisa Amann, die zwei Wochen zwischen Rechen und Blumenkübeln im Garten- und Landschaftsbaubetrieb Goroncy Einblicke ins Berufsleben fand. „Mal schauen, wie es mir gefällt, zwei Wochen bei Wind und Wetter im Freien zu sein und mal etwas härtere körperliche Arbeit zu leisten“, berichtete die Schülerin zu Beginn ihrer Praktikumszeit. Und die Arbeit schien wirklich hart gewesen zu sein, wie die 16Jährige nach ein paar Tagen feststellte. „Am ersten Abend konnte ich mich kaum noch bewegen. Ansonsten machte es mir hier richtig Spaß“, beschrieb die junge Praktikantin ihren Zustand nach der Bepflanzung und Gestaltung einiger Beete. Sie könne sich auch vorstellen, etwas Derartiges in ihr späteres Berufsleben miteinzubeziehen. Allerdings in etwas abgeschwächter Form.
Die Betreuung des Praktikums erfolgte durch Lehrer des Hiltruper Kardinal-von-Galen-Gymnasiums und durch ausgewählte Betreuungspersonen in den Betrieben. Was letztere anbelangt, so zeigten sich die Schüler durchweg zufrieden. Alle Drensteinfurter Betriebe hätten ihre jungen Mitarbeiter mit viel Freundlichkeit aufgenommen. Unterfordert oder überflüssig kam sich niemand vor. Zwar gehörten kleinere Aufgaben wie beispielsweise Aktensortieren und Kaffeekochen zu den Standardaufgaben eines jeden Praktikanten, darüber hinaus gab es für jeden auch anspruchsvollere Tätigkeiten, bei denen interessante und teilweise erstaunliche Informationen über den jeweiligen Beruf gesammelt werden konnten.
Die Informationen und Eindrücke, die die Jugendlichen mitnahmen, waren zwar von Grund auf verschieden. Aber in einem waren sich dennoch alle einig: Trotz netter Kollegen, guter Betreuung und der wertvollen Erfahrungen, die sie gesammelt hatten, vermissten doch alle ihren freien Nachmittag und ihren morgendlichen Austausch mit Freunden. Kurzum: Alle freuten sich wieder auf die Schule. Na, wer hätte das gedacht?
Julia Otto, Westfälische Nachrichten, Ausgabe Drensteinfurt, 01. 04. 2006