Paul und Rüdiger im physikalischen Institut der WWU:
Sie stellen Schaltkreise her - vom Löten bis zur Programmierung

Schülerbetriebspraktikum Jahrgangsstufe 10

Erstes Kennenlernen der Arbeitswelt

Der Beruf spielt im Leben junger Leute heute nicht mehr eine so zentrale Rolle, wie dies bei der Generation der Fall war, die sich heute beruflich etabliert hat. Während sich Erwachsene in aller Regel wesentlich über ihren Beruf definieren, wird bei Jugendlichen der Beruf zwar als ein wichtiger Aspekt des Lebens gesehen, muss sich diese Wichtigkeit aber mit anderen Aspekten teilen, die in der Gesamtvorstellung eine Rolle spielen: Private Vorstellungen bezüglich einer Familie sind hier ebenso von Bedeutung wie Konsum- und Freizeitmöglichkeiten.

Auch ist die Berufswahl sehr viel komplexer geworden und wird wegen dieser Komplexität nicht so früh wie bei der „älteren“ Generation in Angriff genommen. Jugendliche wollen sich heute eher Optionen offen halten als sich frühzeitig festlegen. Durch die stürmische Entwicklung auf dem Sektor der neuen Technologien, welche die gesamte Berufs- und Arbeitswelt umgekrempelt hat, wird dieser Trend noch verstärkt: Für Jugendliche ist heute vielfach nicht erkennbar, welcher Beruf sie ein Leben lang begleiten könnte.

Diese Überlegungen haben am KvG dazu geführt, dass es keine isolierte Berufswahlvorbereitung mehr gibt. So rücken im Unterricht der Klassen 10 die Fragen nach den Aspekten einer gesamten, stimmigen Lebensplanung insgesamt in den Mittelpunkt. Stimmig bedeutet hier, dass sowohl die eigenen Interessen als auch die Belange der Mitwelt in den Blick genommen werden. Es wird angestrebt, bestimmte Aspekte nicht nur wie bisher im Politikunterricht, sondern auch in verschiedenen Fächern aufzugreifen (z. B. im Sportunterricht die Frage „Wie teamfähig bin ich?“) und diese fächerübergreifenden Bezüge curricular abzusichern.

Florian beim Testen von Rohstoffen in einem Hartschaum produzierenden Großbetrieb Gregor macht Erfahrungen mit manueller
Arbeit in einer Hiltruper Kfz-Firma
Im Betriebspraktikum der Jahrgangsstufe 10 steht somit nicht allein die Erkundung einiger Berufsfelder im Mittelpunkt. Vielmehr sollen sich die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Situationen erfahren und diese Erfahrungen kritisch analysieren. Bei einem Praktikum im Kindergarten können sie sich z. B. fragen, wie sie mit Kindern allgemein zurechtkommen, ob sie eher mit einzelnen Kindern, mit kleinen Gruppen oder mit Gesamtgruppen umgehen wollen. Dabei sind auch durchaus gesundheitliche Aspekte mit in den Blick zu nehmen, z. B. körperliche Belastung, Lärmpegel etc.

Das zweiwöchige Praktikum findet jeweils im März statt und endet eine Woche vor den Osterferien. Die Schüler bewerben sich selbstständig etwa ein halbes Jahr vorher in den Betrieben, in denen sie ihr Praktikum absolvieren möchten. Bei dieser Wahl orientieren sie sich bereits grob an der Vorstellung, in welche Berufsrichtung sie später gehen möchten. Schon im Vorfeld wird mit dem Anlegen einer Mappe begonnen, die das Praktikum begleitet. Sie beinhaltet neben der Bewerbung um die Praktikumsstelle einen Lebenslauf und eine Darlegung der Erwartungen an das Praktikum. Während des Praktikums wird die Mappe mit Berichten zum Arbeitsplatz, zur Organisationsstruktur des Betriebes und zum Ablauf eines Arbeitstages ergänzt. Nach dem Praktikum fasst die Mappe zusammen, inwieweit die vorher vorhandenen Erwartungen mit der erfahrenen Realität übereinstimmen und wie sich diese Erfahrungen auf die eigene Berufsorientierung auswirken.

Die Mappen werden danach dem Lehrer vorgelegt, der den Schüler während des Praktikums als Ansprechpartner begleitet und auch in dem Betrieb an seinem Arbeitsplatz besucht hat. Obwohl die Mappen in der Qualität der Ausarbeitungen nicht notenmäßig erfasst werden und keinen Einfluss auf die Zeugnisnote haben, werden sie häufig sehr liebevoll und aufwendig von den Schülern geführt, was zeigt, dass das Praktikum für sie einen hohen Stellenwert hatte. Die besten Mappen werden prämiert und stehen den Schülern der folgenden Jahrgänge zur Information zur Verfügung.

Dieses Schülerbetriebspraktikum bedingt zwar einen zweiwöchigen Unterrichtausfall in der Jahrgangsstufe 10, jedoch wird der Gewinn an Erfahrungen und Einstellungen sowohl auf Seiten der Schüler als auch bei Eltern und Lehrern so hoch eingeschätzt, dass es von allen Seiten unterstützt wird. Somit stellt dieses berufsorientierende Praktikum einen wichtigen Aspekt in der Laufbahn unserer Schüler dar und ist fester Bestandteil des Schulprogramms.
aus dem Schulprogramm 2002