Prag 2002
Auch wenn unser eigentliches Ziel, Kafkas Grab zu besichtigen, nicht erreicht
wurde, war die Pragfahrt das absolute Highlight unseres Deutsch-LK. Los ging es
am Freitag, dem 16.5., um 4 Uhr am Münsteraner Hauptbahnhof. […] Gleichzeitig
mit Außenminister Powell trafen wir in Berlin ein, allerdings nur zum Umsteigen.
Bei unserer Ankunft in Prag mit lächerlichen 2 Stündchen Verspätung
waren alle voller Tatendrang. Keiner konnte den Beginn der akribisch vom Pragkomitee
(Herr Goerke, Alex, Benni, Robert) durchgeplanten Tour erwarten. Schnell wurden
die ersten Geldwechsler übers Ohr gehauen, und wir erstanden Kronen zum Supertiefpreise
(wahrscheinlich echtes Gold!). Nach einer kurzen Orientierungsphase besorgte Herr
Goerke die Fahrkarten im Handumdrehen. Schon auf der Busfahrt zum Campingplatz
machte Peer sich bei der tschechischen Bevölkerung beliebt und glänzte
mit seinen hervorragenden tschechischen Sprachkenntnissen. Zwar lag unsere Unterkunft
etwas außerhalb auf einem idyllischen Bauernhof. Dafür wurden wir durch
kompetentes, prominentes Personal entschädigt. […]
In der Stadt endlich angekommen ermöglichten uns unsere Pragexperten anstelle
eines 5-minütigen Fußmarsches zur Burg eine unglaubliche 30-minütige
Straßenbahn-Stadtrundfahrt durch die Peripherien Prags. Der Veitsdom,
die Karlsbrücke und die Prager Burg waren absolut beeindruckend, so dass
wir uns nicht von leicht durchschaubaren Hilferufen ablenken ließen.
Jeder Schüler hatte darauf bestanden, ein Referat halten zu dürfen,
wie es schon seit langem in unserem elitären Deutschkurs üblich gewesen
war. Roberts Referat wurde ein mitreißender Gassenschlager, leider in
der falschen Goldenen Gasse. Als eingefleischte Kafka-Freaks konnten wir uns
natürlich auch nicht Kafkas früheres Arbeitszimmer entgehen lassen.
Dafür musste das Abendessen warten: Geistige Genüsse vor kulinarischen.
Umso besser schmeckten im Anschluss die Paprikasalate und Brotklöße.
[…]
Am nächsten Tag erwartete uns ein wie gewohnt perfekt durchorganisiertes
Programm, so dass wir uns es nicht nehmen ließen, bereits um 8 Uhr zu
frühstücken. […] Verwöhnt wurden wir an diesem Tag besonders
von Christian im jüdischen Viertel, der uns zwar die Illusion nahm, Kafkas
Grab persönlich zu besuchen, aber uns dafür an seinem umfangreichen
Wissen teilhaben ließ. Das i-Tüpfelchen bildete das glänzend
improvisierte Theaterstück, wo besonders Dean oscarreif als Rabbi Löw
hervorstach. […]
Aus dem Abendprogramm ragte die Schnitzeljagd, die Herr Goerke sich ausgedacht
hatte, heraus. Jeder Schüler, der was berühmte Prager Schwarzlichttheater
besuchen wollte, erhielt seine Karte und musste auf eigene Faust losziehen.
Dieses didaktisch hochausgeklügelte Verfahren sollte auf originelle Weise
unseren Orientierungssinn stärken und brachte uns Prag eine ganz besondere
Art näher. […]
Das Theaterstück war überwältigend und bestach besonders durch
seine Einfachheit und die gewagte Kombination von Pappmaché, Styropor,
ausgestopften Dessous und einer gepfefferten Ladung Playback. […]
Sonntag war leider schon der letzte Tag dieser erlebnisreichen Kulturreise […]
und wir kamen gesund und munter um 1 Uhr am Montagmorgen in Hiltrup an.
Anne, Uli