Exkursion der Klasse 8d nach Trier 1976
mit Herrn Gerwing
Wie war das noch in Hermeskeil?
Die Schritte in der Porta Nigra waren vielleicht gerade erst verhallt und müssen
von Julius Cäsar selbst gewesen sein, als wir mit unserer Klasse [...]
in Hermeskeil aufliefen. Ich kann mich an ein Jugendherbergsgebäude erinnern,
das an einer Kreuzung lag und dessen Areal durch einen Jägerzaun begrenzt
war. Der Hof war asphaltiert. Damals. Heute wäre er asfaltiert. [...]
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Ich kann mich an sehr warme Tage erinnern, an denen wir Dinge getan haben, bei
denen es mich nicht wundern würde, wenn sie heute durch das Jugendschutzgesetz
geächtet würden. Dazu gehörten Wanderungen über mehr als eine
knappe Stunde an der Mosel entlang (ohne Handy, Spielekonsole und Docking Station)
und Besichtigungsfolter in der Trierer Innenstadt (ebenfalls unbewaffnet). Zu
allem Überfluss war der ganze Zinnober auch noch geschichtlich relevant!
Ja, die Porta Nigra heißt so, weil sie schwarz ist, und sie ist wegen ihrer
Farbe berühmt. Sie war auch mal mit einer anderen Funktionalität versehen,
aber um Himmels Willen, die schwarze Farbe dieses überdimensionalen Schmutzfängers
ist Dreck! Wenn wir uns als Kinder völlig überflüssigerweise so
eingesaut haben, hat man uns geohrfeigt und nicht bewundert! Das Delta in Herrn
Gerwings Gesichtszügen bei einem alten dreckigen Haus und einem neuen dreckigen
Kind war signifikant!
Erwähnenswert ist der Jugendherbergsvater. Er war streng, diszipliniert,
konditionslos. Das Blöde für Herbergsväter ist der gesellschaftlich-ökonomische
Zwiespalt, in den sie leicht rutschen können. Immerhin mag das zur Ordnung
rufen von Rädelsführern direkte Auswirkungen auf den Absatz von Marketenderwaren
haben, und so mag es sein, dass die nach vorne erteilte Standpauke kurze Zeit
später von hinten wieder wahrgenommen wird und steckenbleibt.
Wie auch immer war das Treppenhaus der Jugendherberge legendär. Der schwarze
Terrazzoboden war gebohnert und ich war mir nie sicher, ob das noch sauber war
oder schon keimfrei. So unschuldig, wie er tagsüber pflichtbewusst dalag,
konnte er nachts zur wilden Furie werden. Er wurde. Denn irgendjemand hat beizeiten
herausgefunden, dass leere Coladosen, die eine Terrazzotreppe von der obersten
zur nächsten und zur nächsten und zur nächsten Treppenstufe rollen,
aus unerfindlichen und deshalb unergründeten Ursachen nachts phonetisch
einen anderen Wirkungsgrad haben als tagsüber. Allerdings lässt der
Wirkungsgrad, nennen wir ihn Jhv (Jugendherbergsvater?) nach, und in der dritten
Nacht lässt er sich durch Jhm (Jugendherbergsmutter?) vertreten, sodass
in der vierten Nacht eine Ruhe einkehrt, von der der Jugendherbergsvater nichts
mehr hat, weil er sowieso schläft. Die Herbergsmutter hat niemanden mehr,
den sie losschicken könnte und muss sich einen neuen Grund suchen, warum
sie sich ärgern sollte, die Coladose schaukelt einsam nach der letzten
Treppenstufe sanft im Mondlicht, und der Terrazzoboden braucht bis zum Morgen
nicht mehr zu glänzen.
War das schön.
Martin Volbers (Fotos: Martin Albrecht)