Die 1985 knapp verpaßte Steigerung in puncto Erfolg beim Bundesfinale, nämlich zwei Titel in einem Jahr, gab es dann zwölf Monate später: Im Mai 1986, heim insgesamt 10. „Jugend trainiert“-Finale für das KvG, stand der Volleyball-Nachwuchs erstmals bei zwei Siegerehrungen ganz oben auf dem Treppchen. Sowohl die männliche A-Jugend als auch die weibliche C-Jugend hatten sich in der Berliner Deutschlandhalle den Titel geholt und bestätigten damit nach 1984 und 1985 einmal mehr die Stellung des KvGs als Deutschlands beste Schule im Volleyball. War der 3:1-Finaltriumph der vom Ex-KvGler Jürgen Potthoff gecoachten A-Jugend über die Berufsschule Andernach fast schon Routine, so sorgten die C-Mädchen für ein Novum: Pünktlich zum Schuljubiläum holte erstmals eine weibliche KvG-Mannschaft die inoffizielle Deutsche Schulmeisterschaft nach Hiltrup. In einem wahren Krimi setzte sich die Truppe, die von den
Oberprimanern Markus Weber und Axel Büring trainiert wird, mit 2:1 (15:8, 16:18, 16:14) gegen die Gesamtschule Ahnatal Vellmar durch. Schon im zweiten Satz hatten die Mädchen drei Matchbälle, um dann ihrerseits im dritten Durchgang einen 12:13-Rückstand noch in ein 16:14 „umzubiegen“. Komplettiert wurde der bisher erfolgreichste Berlin-Trip des KvG noch durch den fünften Platz der von Eugen Richter betreuten B-Jungen, die in der Vorrunde unglücklich ausschieden.
Typisch Volleyball?!Eine tiefenpsychologische UntersuchungIn den frühen Zeiten der Menschheitsgeschichte war die tägliche Arbeit noch das lebensbestimmende Element jedes Erdbewohners: Kaum jemand, der seit Sonnenaufgang Büffel gejagt oder saisonbedingt Früchte gesammelt hatte, stellte sich am Abend vor dem romantischen Höhlenfeuer die bange Frage, was er nun mit seiner freien Zeit anfangen sollte. Das änderte sich jedoch radikal mit der Entdeckung eines Mannes, den heute nur noch wenige Interessierte, in der Hauptsache Sporthistoriker, kennen. Charles B. Volley, seines Zeichens Sozialpsychologe, erkannte als erster, dass der Mensch in seiner Freizeit beschäftigt werden musste, um seine aufgestauten Triebe (von den Mitmenschen) abzulenken. Vor dem Hintergrund der offensichtlich urmenschlichen Begierde, unliebsame Zeitgenossen mit mehr oder weniger leichten Schlägen auf den Kopf zur Vernunft (oder zur Ruhe) zu bringen, erfand Volley ein Ballspiel, das diesem Bedürfnis gerecht wurde und sich deshalb schon sehr bald hoher Beliebtheit erfreute.Seit jenen Tagen in grauer Vorzeit gibt es drei Sorten von Menschen: Frauen, Männer und Volleyballer. Über die ersten beiden ist schon oft und auf den verschiedensten Ebenen geforscht worden, die dritte Gruppe ist vielen jedoch nur recht oberflächlich bekannt: Spielbesessene, deren Finger aufgrund urorganischer Zusammenhänge die ständige Berührung eines weißen, knapp kopfgroßen Balles suchen. Was nun den Volleyballer vom Rest der Weltbevölkerung unterscheidet, ist soziologisch noch nicht fundiert bewiesen. Gesichert sollen dagegen Analysen über einige typische Merkmalsausprägungen sein. So ist der Volleyballer, sofern er nicht gerade spielt oder für das nächste Spiel trainiert, besonders auf Feten und Meetings daran zu erkennen, dass seine favorisierte Sportart den Mittelpunkt jedes Konversationsansatzes bildet. Dieses Verhalten potenziert sich, wenn durch Zufall mehrere Volleyballer aufeinander treffen. Solche Gruppen sollen zum Teil einige Stunden lang, immun gegen die ihnen wohlgesonnene Umwelt, einzig über Spielergebnisse, Tabellen, Angriffstaktiken und rutschige Hallenbodenbeläge gesprochen haben. Äußerlich ist der Volleyballspieler zumeist muskulös und hochgewachsen. Letzteres bringt ihm den Vorteil des besseren Einblicks in die gegnerische Spielhälfte (man munkelt, die Maschen im oberen Teil des Netzes seien gröber...), aber wie so oft im Leben bestätigen Ausnahmen die Regel: Auch nicht ganz so große Volleyballer(innen) haben ihre Aufstiegschancen (wahrscheinlich ist die Sicht unterhalb des Netzes noch besser...).Natürlich ist das Leben eines solchen Leistungssportlers, ganz anders als das normaler Schüler, geprägt durch den immer wiederkehrenden Rhythmus von Training, Spiel, Training, deutscher Meisterschaft, Training... Dienstag- und Freitagabends kann kein noch so gut klingendes Angebot sie aus der Halle locken. Selbst Krankheiten und Verletzungen, die in den frühen Morgenstunden ohne Schwierigkeit zur Unterrichtsbefreiung führen, sind bis zum Abend entweder verklungen, oder sie werden zwanglos ignoriert. Die Wochenenden stehen dann ganz im Zeichen des Kampfes in mindestens zwei Disziplinen - sicherlich eine Entschädigung dafür, dass der vorbildhafte Volleyballer die Samstagabend-Fete vor einem Sonntagseinsatz statt um halb fünf schon um halb drei verlässt […] So bleibt zum Schluss die Frage im netzlosen Raum, was den Volleyballer in seiner tiefsten Psyche von den anderen Menschen gleichen Alters unterscheidet. Ist er reifer, lebenserfahrener, gewandter, taktisch klüger? Niemand vermag dies mit letzter Konsequenz zu sagen, nur der Aphorismus des unbekannten Dichters scheint sich erneut zu bestätigen: „Eine Welt ohne Volleyball ist wie eine Möwe ohne Propeller!“ Stephan Schunicht, Abiturzeitung 1986 |